Ursachen für Blasenentzündung: Das Honeymoon-Syndrom
Vertrauensärztin Prof. Marion Kiechle verrät, was wir zum Thema Blasenentzündung wissen sollten.
Ich bin immer froh, wenn mich meine Patientinnen auf Informationen ansprechen, die sie im Internet gefunden haben. Denn was im Netz kursiert, ist oft nicht nur falsch, sondern auch gefährlich. So hatte eine Patientin, die wegen ihrer Blasenprobleme zu mir kam, folgendes gelesen: „Sie haben häufig Blasenentzündungen? Dann haben Sie den falschen Partner. Solche Unterleibsbeschwerden treten nämlich auf, wenn Sie mit einem Mann verkehren, gegen den Sie eine unbewusste Abneigung haben.“
Im Kopf meiner Patientin fing es an zu rattern. „Lieben wir uns womöglich nicht mehr?“, fragte sie sich. „Hat er sich verändert? Betrügt er mich womöglich schon?“ Sie wurde misstrauisch, er deswegen sauer. Zum Glück konnte ich einiges klarstellen, bevor es zu einer ernsthaften Ehekrise kam: Diese Behauptung ist nämlich schlicht Unsinn. Eine Blasenentzündung ist kein Liebes-Indikator. Der Autor des Artikels hatte den Begriff „Honeymoon-Syndrom“ offenbar völlig missverstanden. Von diesen „Flitterwochen-Beschwerden“ sprechen wir Mediziner tatsächlich in Zusammenhang mit Blasenentzündung. Allerdings sind sie eher eine Folge von starker Leidenschaft als von fehlender Zuneigung.
Der Begriff stammt aus dem vergangenen Jahrhundert, als die meisten Paare Leidenschaft vor allem in den Flitterwochen erlebten – zu Zeiten, als Sex vor der Ehe noch verpönt war. Nach der Hochzeit durfte es dann erstmals richtig und meist auch häufig zur Sache gehen. Darüber, dass beim Sex Bakterien in die Harnröhre gelangen können, sprach man nicht offen. Und viele meiner Patientinnen wissen heute noch nicht, dass diese Bakterien die Auslöser von Blasenproblemen sind.
Blasenentzündung - was tun? Die besten Hilfsmittel
Es ist leider nicht sehr romantisch, aber der beste Schutz ist es, immer direkt nach dem Sex auf die Toilette zu gehen und Wasser zu lassen – die Erreger also schnell hinauszuspülen. Und wenn es Sie doch erwischt hat? Auch dann ist eine „Spültherapie“ die erste Maßnahme. Also so viel wie möglich trinken und so oft wie möglich Wasser lassen. Je länger die Keime in der Blase bleiben, umso heftiger vermehren sie sich nämlich. Natürliche Hilfsmittel können ebenfalls unterstützen: Zum Beispiel die Wirkstoffe von Cranberry oder der Einfachzucker D-Mannose - diese gibt es beispielsweise als Brausetablette oder Nahrungsergänzungsmittel.

Wenn die Beschwerden nach ein paar Tagen nicht verschwunden sind oder Sie starke Schmerzen haben, sicherheitshalber zum Arzt gehen. Dann sind möglicherweise doch Medikamente nötig, um zu verhindern, dass die Entzündung chronisch wird. Und wer erfahrungsgemäß zur Honeymoon-Zystitis neigt, kann sich von seinem Arzt auch vorbeugend ein Antibiotikum in Form eines kleinen Granulatbeutelchens ins romantische Wochenende oder in den Urlaub mitgeben lassen.

Prof. Marion Kiechle
ist Direktorin der Frauenklinik rechts der Isar, TU München. In Deutschland ist sie die erste Frau, die einem Gynäkologie- Lehrstuhl vorsteht. Sie sagt: „Früherkennung ist unsere stärkste Waffe gegen Krebs“.
