Insomnie: Wie Sie besser schlafen

Wie Sie besser schlafen

Rund 80 Prozent der Deutschen schlafen schlecht. Mediziner sprechen von „Insomnie“, wenn an den meisten Tagen der Woche für mehr als drei Monate die Nachtruhe gestört ist. Die möglichen Ursachen für Ihre Schlaflosigkeit und Tipps, wie Sie wieder besser schlafen können!

Insomnie Schlaflosigkeit© Fotolia
Wie Sie besser schlafen

Insomnie: Was raubt uns den Schlaf?

Prof. Dr. med. Christoph Schöbel© Prof. Dr. med. Christoph Schöbel
Unser Experte: Professor Dr. med. Christoph Schöbel forscht an der Universitätsmedizin Essen und ist Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums der Ruhrlandklinik:
In der Zirbeldrüse unseres Gehirns wird das Hormon Melatonin ausgeschüttet, das die Körperfunktionen auf das Schlafen vorbereitet. Dabei fällt die Körpertemperatur um einige Zehntelgrad ab, Atmung und Puls werden langsamer, der Blutdruck sinkt. Jetzt ist Zeit für Reparaturprozesse. In der Tiefschlafphase produzieren Zellen die meisten Wachstumshormone, die für Knochen- und Muskelaufbau sorgen. Die Immunabwehr ist wach und kämpft, Giftstoffe werden nachts viel besser abtrans- portiert, Hormone steuern wichtige Prozesse im Körper, Nervensystem und Gehirn knüpfen und erweitern ihre neuronalen Netze.
Wir können nicht einschlafen, obwohl wir eigentlich todmüde sind. Oder wir schlafen ein wie ein Stein – und wachen nur ein, zwei Stunden später wieder auf, wälzen uns stundenlang in den Laken, um dann, kurz bevor der Wecker klingelt, in gefühlten Tiefschlaf zu fallen! Fragt sich: Was ist es, das uns den Schlaf raubt? Und was können wir tun, damit endlich wieder himmlische Ruhe herrscht in unserem Bett?

Eine Pauschallösung gibt es nicht. „Unser Schlaf ist ein komplexer Prozess, der durch verschiedenste Ursachen durcheinander­ gebracht werden kann“, sagt Professor Christoph Schöbel von der Uni Duisburg­Essen. Umfragen unter Berufstätigen ergaben, dass gerade einmal jeder sechste von ihnen (!) sich morgens topfit fühlt. 16,2 Prozent wurden 2017 wegen Schlafstörungen krankgeschrieben, mehr als doppelt so viel wie noch 2005. Am heftigsten betroffen sind voll berufstätige Mütter: 53 Prozent schlafen schlecht und geben als Grund vor allem Stress bei der Arbeit an.

Schlaflosigkeit: Hauptauslöser Stress

„Erster Schritt auf der Suche nach den Auslösern nächtlicher Störungen ist eine sorgfältige Anamnese, in der körperliche Ursachen ausgeschlossen werden, etwa Schlaf-Apnoe (Atemaussetzer), Restless-Legs-Syndrom (unruhige Beinbewegungen), Magen, Darm, Niere, Leber, Medikamente und hormonelle Störungen, vor allem Über- oder Unterfunktionen der Schilddrüse“, sagt Professor Schöbel. Auch Schichtarbeit, Lärm und elektronische Geräte können uns den Schlaf rauben. Einer der Hauptfaktoren ist allerdings kein körperlicher, sondern seelischer Stress. Private und berufliche Belastungen setzen das Gedankenkarussell in Gang und halten den Schlaf fern, ebenso die oft aus dem Stress resultierenden psychischen Probleme wie Ängste, Burn-out oder Depressionen. Etwa die Hälfte aller Schlafstörungen hat hier ihre Ursache. Und selbst wenn der akute Stress irgendwann wegfällt, bleibt das Schlafproblem oft, weil ein Teufelskreis aus schlechtem Schlaf, Übermüdung, Angst und Hoffnung bezüglich der nächsten Nacht dafür sorgt, dass der Schlaf ein Riesenthema wird und sich die Störung regelrecht ins Gehirn brennt.

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Schlafräuber Menopause

Frauen in den Wechseljahren leiden besonders häufig unter Schlafstörungen. Oft schon 7 bis 10 Jahre vorher, zu Beginn der Menopause, beginnen zunächst die Progesteronspiegel und dann die Östrogenspiegel zu sinken. Das Hormon Progesteron (Gelbkörperhormon) wirkt angstlösend und schlaffördernd. Ein Mangel kann zu Ein- und Durchschlafstörungen führen. Das sinkende Östrogen führt bei rund 80 Prozent der Frauen zu Hitzewallungen und Schweißausbrüchen, die den Schlaf stören und zu häufigem Aufwachen führen. „Wenn nächtliche Hitzewallungen und Schweißausbrüche der Grund sind, können diese häufig gut mit einer Hormontherapie mit Östrogenen behandelt werden“, sagt Frauenärztin und Hormonexpertin Dr. Corinna Mann aus München. „Die ergänzende Gabe von natürlichem Progesteron am Abend wirkt oft schlaffördernd und angstlösend.

Wenn aufgrund von Risiken keine Hormone eingenommen werden können oder sollen, kann eine pflanzliche Therapie weiterhelfen, etwa mit Traubensilberkerze, Hopfen und Johanniskraut“, empfiehlt Dr. Mann. Generell gilt: Wenn wir zwischen zwei und vier Uhr morgens wach sind, beginnen die Gedanken zu kreisen, und Sorgen werden riesengroß. Schuld sind auch die Hormone Cortisol und Melatonin, die um diese Zeit für schlechte Laune, eine negative Weltsicht und ein allgemeines Ohnmachtsgefühl sorgen.

Schlaf-Apps gegen Schlaflosigkeit

Je mehr wir uns über die Schlaflosigkeit ärgern, desto unruhiger werden wir. Statt uns also ruhelos hin- und herzuwälzen, sollten wir lieber aufstehen und aufschreiben, welche Sorgen uns bewegen, damit wir sie loslassen können. Aufschreiben ist auch wichtig, wenn es darum geht, die Ursachen zu finden: „Mindestens zwei Wochen sollte man ein Schlaftagebuch führen und notieren, was gegessen, erlebt und gemacht wurde“, empfiehlt Professor Schöbel, Mitglied der Initiative „Deutschland schläft gesund“. Dabei können auch Schlaf-Apps helfen, die unseren Schlaf analysieren oder sogar Online-Schlaftraining anbieten. Wer länger als drei Monate unter Schlafstörungen leidet, sollte aber auf jeden Fall zum Arzt gehen.

Beruhigende Helfer bei Insomnie

Folgende Dinge haben sich beim Wiedereinschlafen bewährt:

Außerdem wirken

  • Magnesium- und Baldrianpräparate
  • alternativ Passionsblume, Hopfen und Lavendel
  • abendlicher Spaziergang, leichter Sport
  • abendliche Meditation

Wie sieht es mit Medikamenten aus? „Frei verkäufliche Präparate machen zwar nicht körperlich abhängig, sondern eher psychisch. In Ausnahmesituationen ist es okay, sie ein, zwei Wochen zu nehmen, aber nicht auf Dauer“, sagt der Experte.

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Unter Verdacht: Elektrosmog

Elektrogeräte stehen im Ruf, den Schlaf zu stören. Professor Schöbel beruhigt: „Für wen Fernsehen ein beruhigendes Ritual ist, kann es ruhig machen.“ Ein weiterer Verdächtiger scheidet übrigens aus: Den Vollmond für Schlaflosigkeit verantwortlich zu machen ist Unsinn. Diese Nächte bleiben uns nur besser im Gedächtnis, weil wir die Schlafstörung an etwas Konkretem festmachen können.

Expertenrat von Birgit Schroeder: Richtig essen, besser schlafen

Die Ursache für schlechten Schlaf liegt oft im Darm. Um zur Ruhe zu kommen, müssen wir erst einmal den Stoff bilden, der Schlaf möglich macht, nämlich Melatonin. Ausgangssubstanz ist die essenzielle Aminosäure Tryptophan. Sie wird in Serotonin verstoffwechselt. Dieser Prozess findet überwiegend im Darm statt. Ein gesundes Mikrobiom ist deshalb Grundvoraussetzung, damit Serotonin gebildet werden kann. Ob wir genug Tryptophan verstoffwechseln, können wir vom Arzt über eine Stuhl- oder Blutuntersuchung klären lassen. Die richtigen Lebensmittel bieten die Grundlage für eine ausreichende Versorgung.

  • Wurzelgemüse: Karotten, gern auch als Rohkost, Pastinaken, Petersilien- und Schwarzwurzeln, Topinambur, Artischocken oder Zwiebeln, Chicorée und Knoblauch sorgen für eine gesunde Darmflora. Aber Achtung: Nicht alle Menschen vertragen abends Rohkost – probieren Sie es daher aus!
  • Samen: Lein- und Chiasamen enthalten neben Tryptophan viele wichtige Nährstoffe wie Omega-3-Fettsäuren.
  • Nüsse: Walnüsse, aber auch Cashewkerne enthalten viel Tryptophan.
  • Fisch: Und zwar vor allem Thunfisch, Lachs und Makrele. Tipp: Lachs richtig zubereiten
  • Fleisch: Etwa mageres Hühnerfleisch.
  • Käse und Milch: Vermeiden, da sie hochallergen sind und Proteaseinhibitoren enthalten, die zu einem „Leaky gut“ (durchlässiger Darm) beitragen können.
  • Tee: Ein guter Schlummertrunk, der besser als die berühmte Honig-Milch wirkt. Zum Beispiel Mischungen mit Baldrian, Melisse, Salbei, Lavendel, Hopfen, Kamille, Holunderblüten oder Johanniskraut.
Birgit Schroeder© Birgit Schroeder
Birgit Schroeder ist Heilpraktikerin mit dem Therapieschwerpunkt klinische Psycho-Neuro-Immunologie. Sie ist Referentin beim „Women’s Health Day am 25. April 2020. Infos: womenshealthday.de
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