Kinesiotape: Tapen gegen den Schmerz

Tapen gegen den Schmerz

Die elastischen Tape-Bänder werden einfach auf der Haut angebracht, massieren das Gewebe und lindern so viele Beschwerden. Vital.de berichtet Ihnen von der Wirkungsweise und richtigen Anwendung der Tapes.

Arm wurde mit Tape behandelt© iStock/Thinkstock
Tapen gegen den Schmerz

Richtig Tapen gegen den Schmerz

Kenzo Kase war noch nicht zufrieden. Ende der siebziger Jahre versuchte der japanische Chiropraktiker, den Effekt seiner Behandlungen mit einfachen medizinischen Bandagen zu verstärken, aber viel brachte das nicht. Dann kam ihm eine Idee für etwas ganz Neues: Was würde passieren, wenn er elastische Bänder auf den Körper klebte, die bei jeder Bewegung die Haut behutsam dehnten? Seine Experimente zeigten Wirkung. Das Kinesiologie-Taping war erfunden, abgeleitet vom griechischen „kinesis“, das heißt Bewegung, und von „tape“, dem englischen Wort für Klebeband. Heute setzen Physiotherapeuten und Orthopäden die Tapes zur Behandlung vieler Erkrankungen ein, von Migräne, Kopfschmerz und Menstruationsbeschwerden über Verspannungen von Schultern und am Rücken, speziell der Halswirbelsäule bis zu Arthrose, Bandscheibenvorfällen, bei Problemen mit dem Sprunggelenk, der Kniescheibe, Achillessehne und Schäden im Knie am Meniskus.

Zahlreiche Studien belegen mittlerweile die Wirksamkeit des Tapings: So hat in Kiel Willem Evermann, Arzt für Naturheilverfahren, die Krankheiten von 65 Patienten mit den medizinischen Klebebändern behandelt. Darunter waren Hexenschuss, Nackenschmerzen und entzündete und überlastete Muskeln. In allen Fällen war das Taping einer Behandlung durch andere Körpertherapien oder Medikamente überlegen. Für eine polnische Studie wurden Patienten nach einer Operation der Gallenblase mit Tapes behandelt: Ärzte klebten die Bänder auf Areale des Bauches, die in der Medizin als Reflexzonen bekannt sind. Die Wirkung nach der Operation war so effektiv, dass schmerzstillende Mittel deutlich niedriger dosiert werden konnten als üblich.

WIE KOMMT DIE WIRKUNG ZUSTANDE?

Der Sportmediziner Siegfried Breitenbach ist Physiotherapeut der deutschen Triathlon-Nationalmannschaft. Er begann, mit Kinesiologie-Tapes zu arbeiten, nachdem er sie im Jahr 2000 als Mitglied des deutschen Teams bei den Olympischen Sommerspielen in Sydney an asiatischen Sportlern gesehen hatte. „Wir wissen heute, dass solche Tapes auf die Haut einen Reiz ausüben, der über Nervenleitungen auf innere Organe wirkt“, erklärt Breitenbach. „Diese Signale können auch die Schmerzsysteme von Gehirn und Nerven beeinflussen und so den Schmerz lindern.“

BINNEN STUNDEN BEGINNT DIE WIRKUNG DER TAPES

Doch die Streifen aus Baumwolle, die mit einem hautfreundlichen Acrylkleber beschichtet sind, wirken auch direkt vor Ort: Sie entlasten Muskeln, Sehnen und Gelenke und lassen so den Schmerz abklingen.

Tape-Therapie© Dirk Löffelbein - Fotolia
Tape-Bänder: Tape-Bänder sorgen für eine sanfte Dauermassage.
Weil die Bewegungen nicht mehr wehtun, nimmt der Patient keine Schonhaltung ein. Darum bleibt die Statik des Körpers im Gleichgewicht und Fehlbelastungen in Gelenken und in der Wirbelsäule werden vermieden. Zusätzlich regt der sanfte Zug an der Haut bei Bewegungen die Durchblutung und den Fluss der Lymphflüssigkeit an. Nährstoffe werden besser ins Gewebe gebracht und Entzündungsgifte schneller abtransportiert. Einen eigenen Wirkstoff, wie er in ABC-Pflastern verwendet wird, enthalten sie nicht. Die Wirkung der Tapes tritt meistens nach drei bis fünf Stunden zu wirken, oft aber auch schon nach 30 Minuten.

Die Behandlung mit Kinesiotapes kostet zwischen 10 und 30 Euro pro Anwendung. Gesetzliche Krankenkassen bezahlen sie aber nur selten, einige private erstatten die Kosten. Zwar sind die Bänder im Handel frei erhältlich, doch ist es sinnvoll, sie von einem Experten aufkleben zu lassen. „Ein Facharzt muss eine solide Diagnose stellen, um sagen zu können, ob das Taping die richtige Behandlungsform ist und wie die Streifen angebracht werden müssen“, betont der Lübecker Orthopäde Christian Hauschild, der täglich rund zehn Patienten mit den Tapes versorgt. „Außerdem muss der Patient oft eine bestimmte Haltung einnehmen, um den Muskel zu dehnen, bevor das Tape aufgebracht wird. Das kann man in der Regel nicht selbst machen.“

TAPINGS SORGEN FÜR SANFTE DAUERMASSAGE

Buch- & Web-Tipps:

„KLEB DEN SCHMERZ EINFACH WEG“ Mit ausführlichen Erklärungen zur Anatomie und Behandlung vieler Krankheiten (von Klaus Groth, Herbig Verlag, 208 Seiten, 19,90 Euro).

www.kinesiotaping.de Unter „Therapeutenliste“ finden Sie über Ihre Postleitzahl Physiotherapeuten in Ihrer Nähe, die Kinesiotaping anwenden.

Wenn die Bänder erst einmal kleben, dann halten sie auch bis zu zwei Wochen, und sie fühlen sich sogar gut an. „Sie müssen sich das vorstellen wie eine sanfte 24-Stunden-Massage“, erläutert Hauschild. Die Bänder lassen die Haut atmen, haften auch beim Sport und können nach dem Duschen einfach abgetrocknet werden. „Ich habe Patienten, die ihre Tapes am liebsten gar nicht mehr abnehmen würden.“ Die Bänder sind in vielen Farben erhältlich. Da liegt die Frage nahe, ob die Farben auch eine heilende Wirkung haben. So sehen es zumindest manche Patienten und Physiotherapeuten. „Das ist Unsinn, hier geht es um eine klare Funktion“, so Christian Hauschild. „Blau, grün oder rot, das ist reine Geschmackssache.“

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