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Kolumne: Warum Bücher das beste Mittel gegen Fernweh sind
Sommerurlaub? Fällt für unsere Kolumnistin Isabell Stiller dieses Jahr flach. Traurig ist sie aber trotzdem nicht. Denn gute Lektüren gegen Fernweh gibt es zum Glück wie Sand am Meer. Und die sind manchmal sogar die bessere Wahl...

Eine gute Sommerlektüre ist wie Urlaub - nur im Kopf, findet Kolumnistin Isabell Stiller.
Ich werde dieses Jahr nicht in den Urlaub fahren. Darüber könnte ich mich jetzt tierisch aufregen - oder das Problem selber lösen. Naja, leichter gesagt als getan. Eine eigene Insel kaufen oder den Flugschein machen, ist mir für ein wenig Dolce Vita dann noch zu kostspielig und verrückt. Eine günstigere und schnellere Lösung muss also her. Und zwar schnell. Und die liegt oft näher als gedacht.
Sommer in der Stadt? Nicht mit mir
Es soll tatsächlich Menschen geben, die nie in den Urlaub fahren. Die einfach ihr ganzes Leben lang an Ort und Stelle bleiben. Also quasi "daheim". Für mich völlig unvorstellbar. Ein Sommer daheim, oder gar in der Stadt? Schlimmer geht's nicht. Ein Sommer in der Stadt fühlt sich für mich immer wie das Innere eines Backofens an: heiß, stickig, unerträglich. Wer tut sich sowas schon freiwillig an? Grund genug, nur das Nötigste in den Koffer zu werfen und ganz schnell das Weite zu suchen.
Völlig übermüdet an der Sicherheitskontrolle stehen, das Kribbeln kurz vor der Landung, nach einem Tag am Strand ein Nickerchen machen, leichte Kleider am Körper und Sonne im Herzen tragen, wie eine ausgekippte Flasche Sonnencreme duften.... Die Liste mit schönen Erinnerungen an den Sommer ist lang. Ich könnte noch ewig so weiter machen, aber dann würden Sie wahrscheinlich irgendwann einschlafen oder diese Seite wegklicken. Und das war nun wirklich nicht meine Absicht, als ich meine neue Kolumne geschrieben habe. Was macht also ein Mensch, der jedes Jahr in den Urlaub fährt - und plötzlich nicht wegfliegen kann?
Die Schattenseite des Urlaubs ist meine neue Sonnenseite
Von organisatorischen Gründen wie bei mir einmal abgesehen: Alleine bin ich damit dieses Jahr ganz sicher nicht. Die Inflation hat Urlauben teuer gemacht und seit dem Ende der Corona-Pandemie teilt man sich den Platz leider längst nicht mehr nur mit Zikaden, streunenden Katzen oder ein paar Fischen, sondern eben auch wieder mit vielen Touristen. Auf diese Massen im Flugzeug, Hotel, am Strand, in der Stadt und in den Wäldern kann ich gut und gerne verzichten.
Ob ich gerade die Schattenseiten des Sommerurlaubs für mich entdecke, damit das Fernweh in mir endlich Ruhe gibt? Gut möglich. Denn genau diese Schattenseiten können tatsächlich ihre Vorteile haben. So lässt sich der Schmerz wenigstens ein bisschen lindern, wenn die Sehnsucht mal wieder zu groß wird. So wie jetzt, während ich mir einen Schlusssatz für diese Kolumne überlege uns gedanklich eigentlich am Strand liege. Zusammen mit meinem Mann - und einem dritten im Bunde: der Urlaubslektüre. Denn genau die ist es, die sich diesen Sommer (trotz Urlaubsmangel) als echter Joker und Lebensretter für mich entpuppt hat.
Sorry, ich befinde mich die nächsten 30 Seiten im Urlaub!
Vor einiger Zeit bin ich auf ein charmantes kleines Büchlein von Erika und Klaus Mann (die Kinder von Thomas Mann) gestoßen. Es trägt den Titel "Das Buch von der Riviera" und tut genau das, was der Titel verspricht. Es befördert den Lesenden genau dahin, wo er gerade nicht sein kann: in den Urlaub. Während ich beim Lesen in einem schicken Cabrio an der Côte d’Azur entlang brause und mit irgendwelchen artsy people Champagner schlürfe, liege ich auf dem Balkon in der Stadt. Davon bekomme ich auf den nächsten 30 Seiten jedoch kaum etwas mit. Mein Mann sieht mich nur verwirrt an, als ich beiläufig erwähne, dass wir heute leider nicht mehr in unser Lieblingsrestaurant gehen können, weil ich doch gerade auf einem kleinen Markt in Aix-en-Provence mit einem Einheimischen über den Preis der Oliven verhandeln muss.
Mein Flugticket? Hole ich mir diesen Sommer in der Buchhandlung
Die Reise ist aber noch lange nicht vorbei, als ich die letzte Seite der Sommerlektüre in einem Café in Eimsbüttel erreicht habe. Ich schnappe mir einfach ein neues Buch - diesmal geht es mit "First Class von Antoine Wilson zum JFK Airport New York. Ein kleiner (und ziemlich spannender!) Zwischenstopp quasi, bevor es mich Richtung Marfa (Texas) zieht, wo der grandiose Roman "I love Dick" von Chris Kraus spielt. Ein Roman, den ich alle paar Jahre wieder hervorkrame und immer so begeistert lese, als wäre es das erste Mal.
Mein Heimweh? Ist seitdem kleiner geworden. Der Bücherstapel neben meinem Bett dafür umso monströser. Irgendwie will das Fernweh ja schließlich gestillt werden, wenn schon keine Zeit für eine richtige Reise bleibt. Der Sommer ist noch lang. Für die kälteren Monate habe ich übrigens auch schon vorgesorgt und in der Buchhandlung meines Vertrauens direkt ein paar neue Reiseziele geshoppt. Meine Destinationen im Herbst und Winter? Die Karibik, Singapur, North Carolina und Südfrankreich!
Über Kolumnistin Isabell Stiller
Redakteurin und Literaturexpertin Isabell Stiller hat eine Schwäche für guten Tee – und gute Bücher. Zu ihren Lieblingsautor:innen zählen unter anderem Jack Kerouac, Joan Didion, Frank O’Hara, Leïla Slimani, Patti Smith und Chris Kraus. Ob aufstrebende Autor:innen, längst vergessene Klassiker oder echte Geheimtipps. In ihrer Kolumne "Handverlesen" teilt sie bei FÜR SIE jeden Monat ihre aktuellen Gedanken und Fragen – und verrät dazu Ihre besten Buchtipps.