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Kolumne: Warum wir uns nicht für Liebesromane schämen sollten
Belächelt und trotzdem heißt geliebt: Liebesromane sind so beliebt wie nie, auch bei Literaturexpertin Isabell Stiller. Schämen? Muss sich dafür aber niemand, findet unsere Kolumnistin.

Für Liebesromane muss sich niemand schämen, findet Literaturexpertin Isabell Stiller.
Letztes Jahr im August durfte ich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich wieder durch den Big Apple schlendern. Gott, wie habe ich das vermisst! Eine alte Freundin aus Hamburg hatte mich kurzfristig zu sich eingeladen, um dem Alltag in Deutschland zu entfliehen. Ich habe natürlich keine Sekunde gezögert und direkt das Flugticket gebucht. Mein letzter Besuch liegt schon ein paar Jahre zurück. Die Stadt hat sich in meiner Abwesenheit also ziemlich verändert. Mein Lieblingscafé in Brookyln (das Maman!) war bei meiner Ankunft glücklicherweise noch an Ort und Stelle. Ganz im Gegensatz zu diesem zwielichtigen chinesischen Restaurant auf der 218 5th Ave. Die dunkle Fassade strahlte nun quietschrosa.The Ripped Bodice stand da in verschnörkelten Lettern über der Tür. Im Inneren: Bücher. Aber nicht irgendwelche...
Die Liebe stirbt zuletzt - auch im Buchhandel
Nicht nur der Name der New Yorker Buchhandlung ist alles andere als gewöhnlich, gleiches trifft auch auf die Bücher in den Regalen zu. Wer im The Ripped Bodice auf der Suche nach einem Thriller oder Scienes-Fiction-Roman ist, der kann hier lange suchen. Denn tatsächlich ist es so, dass in The Ripped Bodice nur Liebesromane verkauft werden. Ein Genre, das mit vielen Vorurteilen, aber auch eben großer Beliebtheit von sich Reden macht. Und die ist tatsächlich ungebrochen, wenn man sich die Verkaufszahlen aus den USA ansieht: 2021 verzeichnete der Buchhandel in Amerika einen Zuwachs von 52,4 % bei Liebesromanen. Befeuert von Autor:innen wie Colleen Hoover, Sally Rooney, Sophia Kinsella oder Jojo Moyes geht der Trend 2024 (auch in Deutschland) weiter in Richtung: Die Liebe stirbt zuletzt. Aber wie lässt sich das erklären? Sind Liebesromane nicht eigentlich furchtbar peinlich?
Liebesromane haben es alles andere als einfach
Wer einen Liebesroman nach dem anderen verschlingt, der bekommt entweder zu wenig Aufmerksamkeit von seinem Partner, oder aber führt ein ziemlich tristes Liebesleben, bei dem ein Tinder-Fail den nächsten jagt. So das Gerücht. Und dann gibt es da noch die verruchte, dunkle Ecke, in die der Liebesroman (Stichwort Fifty Shades Of Grey) auch gerne mal gezogen wird: Liebesromane, die der Lust halber gelesen werden. Leicht? Haben es romantische Bücher also keineswegs. Aber so verhält es sich ja auch im echten Leben nicht anders mit der Liebe. Ihrer Beliebtheit zum Trotz ist die Scham beim Thema Liebesromane also ungebrochen. Aber warum eigentlich?
Warum wir uns nicht für Liebesromane schämen sollten
Meistens werden Liebesromane still und heimlich in den eigenen vier Wänden gelesen, selten in der Öffentlichkeit. Schließlich sind die Geschichten rund um die ganz großen Gefühle des Lebens meistens kitschig und trivial. Oder? Nicht ganz. Oder besser gesagt: nicht mehr.
Auch ich habe lange Zeit zu jener Fraktion gezählt, die Liebesromane lieber im Schutz der eigenen vier Wände verschlungen hat. Bis ich von der BookTok-Community eines Besseren belehrt wurde. Genauer gesagt von der amerikanischen Autorin Taylor Jenkins Reid, die mit Die Sieben Männer der Evelyn Hugo eine völlig andere Seite des Romance-Genres offenbarte: Liebesromane sind alles andere als verrucht und peinlich. Sie sind vielschichtig, so wie das Leben selbst und gehen längst über die klassischen Groschenromane hinaus. Aber warum sehnen wir uns eigentlich gerade jetzt so sehr nach Liebe - auch im Buchformat?
Wer Liebesromane liest, zeigt Gefühl, Sensibilität und Menschlichkeit
Krieg, Krisen und gesellschaftliche Umbrüche, wie sie aktuell vorherrschen, schüren Unsicherheit und Angst. Liebesromane scheinen uns gerade also genau das zu geben, wonach wir uns wieder verstärkt sehen: Nähe, Zwischenmenschlichkeit und dem einen oder anderen Happy End. Wer Liebesromane liest, zeigt Gefühl, Sensibilität und Menschlichkeit. Auch in Zeiten von KI und Deepfakes erscheint der Erfolg von Liebesromanen also plötzlich gar nicht mehr so abwegig, sondern vielmehr logisch. Schließlich sind wir alle nur Menschen - mit Gefühlen und Bedürfnissen; auch nach Liebe. Scham? Muss beim Lesen also wirklich niemand verspüren...
Die Handverlesen-Buchtipps im Februar
Auch die Handverlesen-Buchtipps im Februar stehen ganz im Zeichen der Liebe. Ob Liebesbriefe zum Schwelgen, Herzschmerz in Papierform oder wiederentdeckte Leidenschaften. Hier steht die Liebe mit all ihren Facetten im Vordergrund:
#1 Love Letters Of Great Man Vol. 1
Schreibt heute eigentlich überhaupt noch irgendjemand Liebesbriefe? Ich plädiere auch im Jahr 2024 dafür, die Gefühle ruhig wieder öfter zu Papier zu bringen. Schließlich gibt es nicht Schöneres, als in den Worten eines geliebten Menschen zu schwelgen. Inspiration liefert das wunderschöne Buch Love Letters Of Great Man allemal, in dem Liebesbriefe von Ludwig van Beethoven, F. Scott Fitzgerald oder Franz Kafka versammelt sind. Hach...!
#2 So wie du mich willst von Camille Laurens
Der Roman von Camille Laurens hat mich sehr berührt - und für die eine oder andere Träne auf dem Papier gesorgt: Im Mittelpunkt von Laurens Roman So wie du mich willst steht die 48-jährige Literaturprofessorin Claire. Um ihren flatterhaften Liebhaber nicht aus den Augen zu verlieren, erstellt die Professorin ein gefälschtes Facebook-Profil. Das Foto zeigt eine schöne, brünette und alleinstehende, junge Frau. Nicht Claire. Ein unglaublich spannendes Liebesspiel zwischen realer und virtueller Welt! Der perfekte Roman für alle, die genug von klassischen Liebesromanen haben.
#3 Am Ende ist es ein Anfang von Dolly Alderton
Ob Liebes- oder Alltagsfragen. Die britische Autorin Dolly Alderton begleitet mich bereits seit einigen Jahren durch mein Leben als erwachsene Frau. Nach Alles, was ich weiß über die Liebe, Gespenster und Dear Dolly liefert die 35-Jährige mit Am Ende ist es ein Anfang im März endlich Nachschub. Alderton erzählt darin von einem Neuanfang nach einer schmerzhaften Trennung. Ob es ein Happy End gibt? Davon können Sie sich im März selbst überzeugen, wenn der neue Roman erscheint. Ich kann ihn jedenfalls wärmstens empfehlen.
#4 Yoga von Wanda Badwal
Vor einigen Jahren war Yoga noch so wichtig wie die Luft zum Atmen für mich. Zwischen 2020 und 2023 habe ich dann plötzlich den Faden verloren. Bis ich auf Yogini und Autorin Wanda Badwal und ihr wunderbares Buch Yoga gestoßen bin. Und plötzlich war ich wieder Feuer und Flamme für Salabhasana, Bhujangasana und Sūrya Namaskāra. Badwal geht dabei nicht nur auf die wichtigsten Yoga-Posen ein, sondern erklärt auch, welche Wirkung sie haben. Eines der wenigen Yoga-Bücher, die wirklich bis zur letzten Seite empfehlenswert sind!
#5 Muna von Terézia Mora
Liebe bedeutet nicht immer rosarote Brille und Schmetterlinge im Bauch. Auch wenn wir es gerne so hätten. Diese schmerzhafte Erfahrung muss auch Muna im gleichnamigen Buch von Terézia Mora machen. Die Abiturientin liebt den französischen Fotografen Magnus, das ist ganz sicher. Und Magnus? Der ist sich gar nicht so sicher. Die beiden verbringen eine Nacht, dann verschwindet Magnus wieder. Sieben Jahre soll es dauern, bevor die beiden ein Paar werden. Die Probleme fangen da jedoch erst so richtig an.