
Osteopathie
Ganz ohne Medikamente oder Instrumente, sondern allein mit sensiblen Berührungen seiner Hände, leichtem Druck und Dehnungen arbeitet der Osteopath. Ziel der Behandlung ist es, innere Blockaden zu entdecken und zu lösen. In den USA ist die Methode anerkannt und verbreitet, denn dort entwickelte sie Dr. Andrew Taylor Still vor gut 130 Jahren. An amerikanischen Colleges und Universitäten wird sie im Rahmen einer schulmedizinischen Facharztausbildung erlernt. Bei uns ist sie seit den fünfziger Jahren bekannt, seit Mitte der Achtziger werden Zusatzausbildungen in Osteopathie für Ärzte, Heilpraktiker oder Krankengymnasten angeboten.
Wie funktioniert die Therapie?
Wörtlich übersetzt bedeutet der aus dem Griechischen stammende Begriff „Knochenleiden“ – und führt auf eine falsche Spur. Denn es geht bei diesem Verfahren nicht nur um das Skelett, sondern auch um die inneren Organe und um die Muskeln. Sie alle stehen nach Ansicht der Heilmethode in direkter Verbindung mit der Wirbelsäule und beeinflussen sich gegenseitig. Verspannungen, eine falsche Haltung oder eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten sind Zeichen, dass ihr Zusammenspiel nicht richtig funktioniert.
Die Osteopathie unterteilt sich in drei unterschiedliche Segmente: den craniosacralen Bereich, der Schädelknochen, Wirbelsäule, Rückenmark und Becken umfasst, den parietalen Bereich, bei dem es um Knochen, Bänder, Gelenke, Faszien und Muskeln geht, und den viszeralen Bereich, der sich um die inneren Organe kümmert. Die Behandlung folgt dabei der Idee, dass alle Körperebenen wie die Mechanik eines Uhrwerks zusammen funktionieren. Wird dieser Mechanismus gestört, wirkt sich das auf sämtliche Teile aus. Es entstehen spürbare Störungen, Erkrankungen und Schmerzen. Die Fähigkeit zur Selbstheilung geht verloren. Durch die osteopathische Therapie sollen die Beweglichkeit, die Zirkulation der Körperflüssigkeiten und die Versorgung der Organe wiederhergestellt werden.
Wann kann sie helfen?
„Wichtig ist, dass Osteopathie Verspannungen löst. Da diese etliche andere Beschwerden verursachen können, ist die Methode in vielen Fällen eine Hilfe“, so Naturheilkundler Jörg Grünwald. Bewährt hat sich das Verfahren besonders bei Beschwerden des Bewegungsapparats wie etwa Hexenschuss, Ischias oder Schleudertrauma, bei Verspannungen und Problemen an Gelenken, Knochen, Muskeln oder Bändern, aber auch bei Migräne und Schlafstörungen. Gute Ergebnisse erzielt sie bei der Behandlung von Kindern jeden Alters, beispielsweise bei Hyperaktivität oder ADHS, und bei sogenannten Schreikindern, also bei Babys, die ohne erkennbaren Grund stundenlang ausdauernd und lautstark brüllen. Grünwald empfiehlt Osteopathie auch bei Dauerschmerzen: „Wenn Sie mit anderen Behandlungen nicht weiterkommen, sollten Sie es mit Osteopathie probieren.“ Auch nach Unfällen und bei der Bewältigung von Traumata wird sie eingesetzt. Bei seelischen Erkrankungen und akuten Entzündungen können die heilenden Hände des Osteopathen hingegen nicht viel ausrichten.
Wie ist der Forschungsstand?
Vor einer Behandlung findet in der Regel ein ausführliches Gespräch statt, um behutsam und detailliert funktionelle Störungen aufzudecken und deren möglichen Ursachen auf die Spur zu kommen.
- DIE DIAGNOSE: Der Therapeut betrachtet zunächst den Gang und die Körperhaltung seines Patienten. Anschließend untersucht er mit Berührungen und sanftem Druck durch seine Finger den Zustand des gesamten Bewegungsapparates, des Bindegewebes und der inneren Organe. So kann er Blockaden ertasten, die für die jeweiligen Beschwerden verantwortlich sein können, und sie dann gezielt bearbeiten.
- DIE BEHANDLUNG: Mit seinen Händen löst der Osteopath einzelne Körperstrukturen, dehnt und bewegt sie. Das oberste Gebot bei der Behandlung ist, behutsam und mit viel Ruhe vorzugehen, um die angestauten Blockaden sanft zu lösen.
- DAS ZIEL: Da sich die Technik Osteopathie sehr flexibel auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen einstellen kann, ist sie für Kinder und sogar Säuglinge genauso geeignet wie für Erwachsene. Ziel ist es, dass Körperflüssigkeiten wie Blut oder Lymphe wieder besser fließen können, die Nerven stimuliert werden. Die innere Balance soll wiederhergestellt und damit die Selbstheilungskraft angeregt werden.
Wie ist der Forschungsstand?
Eine vor zehn Jahren im renommierten „New England Journal of Medicine“ veröffentlichte Studie belegt, dass Osteopathie bei Rückenschmerzen ebenso gut hilft wie konventionelle Therapien, also Schmerzmittel, Bewegungsübungen oder Krankengymnastik. Für die Wirksamkeit in anderen Bereichen gibt es noch keine wissenschaftlichen Beweise. Weil die Behandlung aber behutsam und einfühlsam ist, gilt sie als risikoarm.
Wie finde ich Experten?
Die Berufsbezeichnung Osteopath ist in Deutschland nicht gesetzlich geschützt, die Ausbildung nicht staatlich geregelt. Auf www.osteopathie.de, der Homepage des Verbands der Osteopathen Deutschland, finden Sie unter dem Menüpunkt „Service“ eine Liste mit Therapeuten. Diese müssen eine qualifizierte fünfjährige Ausbildung zum Osteopathen absolviert haben und sich regelmäßig weiterbilden. „Für die therapeutische Tätigkeit sind genaueste Kenntnisse der Anatomie und Physiologie unerlässlich“, sagt Experte Jörg Grünwald. Das erkläre auch die lange Ausbildung.
Was und wann zahlt die Kasse?
Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen die Behandlung in der Regel nicht, einige übernehmen im Einzelfall aber einen Teil der Kosten. Eine Therapiestunde dauert durchschnittlich 50 Minuten und kostet zwischen 60 und 100 Euro. Bei akuten Beschwerden kann sich schon nach zwei Sitzungen eine Besserung zeigen, chronische Leiden erfordern dagegen oft eine längere Therapie.
FAZIT: Die Osteopathie ist eine sehr sanfte Heilmethode, die sich besonders bei vielen Beschwerden des Bewegungsapparats wie etwa Hexenschuss und bei chronischen Schmerzen bewährt hat. Sie kann auch Kindern mit Konzentrationsstörungen und Schrei-Babys helfen.
