
Das Wort „Schröpfen“ signalisiert eine gewisse Brachialität. Doch wenn man sieht, wie solch eine Behandlung vor sich geht, ist man schnell beruhigt. Denn es wirkt eher gemütlich als brutal: Während der Patient mit nacktem Oberkörper bäuchlings auf einer Liege entspannt, hält der Therapeut ein Glasgefäß

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Tradition
Jahrtausendealte Tradition: Von China bis Europa
Schröpfen ist in der chinesischen Medizin seit etwa 3000 Jahren bekannt. Ebenso in Indien und Ägypten. Auch in Europa wird bereits seit 2000 Jahren geschröpft. Wobei die Methode und ihr Ansehen zahlreiche Auf- und Abschwünge erlebten. Auch Naturheilverfahren sind eben Zeitgeist-Strömungen unterworfen – bis heute: Seit einigen Jahren haben Akupunktur, Homöopathie und Schüßlersalze Hochsaison, während Anwendungen wie Kneippgüsse oder die Schröpfkopfbehandlung aus der Mode gekommen sind. Doch nun scheint das Schröpfen wieder mehr in den Vordergrund zu rücken: Es gibt neue Bücher zum Thema – und sogar Wellness-Hotels bieten jetzt entspannende Schröpfmassagen an.
Methode
So wird geschröpft: Verschiedene Methoden
Die Schröpftherapie wird von Heilpraktikern, TCM-Ärzten und einigen naturheilkundlich orientierten Ärzten angeboten. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen nicht. Schröpfen wird oft gemeinsam mit anderen Therapien angewendet: „Ich schröpfe, akupunktiere anschließend auf der Vorderseite des Patienten und beziehe Homöopathie mit ein. Diese Kombination bringt erfahrungsgemäß schnelle Heilerfolge“, sagt Gerd Frerker, Heilpraktiker und TCM-Spezialist aus Königstein im Taunus. Das chinesische Feuerschröpfen hat zwar einen gewissen Schauwert – man kann das benötigte Vakuum im Glas jedoch auch weit weniger aufwendig herstellen: mit Schröpfgläsern, die durch eine zweite Öffnung mit einem Gummiball verbunden sind. Drückt man diesen zusammen, entsteht ebenfalls ein Ansaugeffekt. Frerker verwendet ausschließlich diese Methode: „Weil sie viel praktischer ist. Die Sache mit der Flamme ist ein kleiner Feuerzauber, hat aber keine zusätzliche positive Wirkung.“
Schmerzen lindern
Schröpfmassage: Schmerzen verschwinden
Wie viele Gläser der Therapeut ansetzt, an welchen Stellen und was er mit ihnen macht, ist je nach Indikation unterschiedlich. Ein häufig angewandtes Verfahren ist die Schröpfmassage. Dabei wird der Schröpfkopf auf dem leicht eingeölten Rücken seitlich entlang der Wirbelsäule nach unten und wieder hoch gezogen. Das massiert die großen Lymphbahnen auf dem Rücken. Frerker: „Viele Patienten leiden unter chronischen Muskelverspannungen, die mit einem Übermaß an Milchsäure im Körper einhergehen. Durch das Schröpfen wird die Lymphe angeregt, die Milchsäure abzutransportieren, die Schmerzen verschwinden.“ Gemäß der chinesischen Akupunkturlehre liegen auf dem Rücken auch viele Reflexzonen für die inneren Organe. Am oberen Rücken befinden sich etwa Organpunkte für die Lunge, in der Mitte für Leber, Galle, Magen und Milz, am unteren Rücken für Niere, Darm und Blase. Bewegt man die Schröpfgläser über diese Punkte, werden die Energiebahnen aktiviert, und damit erhält das entsprechende Organ einen Heilimpuls. „Manche Organpunkte liegen direkt an der Wirbelsäule und noch mal vier Fingerbreit daneben. Mit einer Quermassage erwischt man beide. Ich wende sie häufig bei Milzschwäche an: Die Patienten sind schwach und antriebslos, Frauen haben extrem starke Menstruationsblutungen“, so Frerker. Eine Schröpfmassage dauert 20 Minuten und wird meist als sehr angenehm empfunden.
Anwendungsgebiete
Ein Rücken voller Gläschen: Gegen Wasser im Gewebe
Zur Behandlung von Wasseransammlungen im Körper, wie sie etwa bei Herzschwäche vorkommen, werden mehrere Gläser gleichzeitig auf den Rücken gesetzt. In China bleiben die Schröpfköpfe bis zu 20 Minuten an einer Stelle. Bei uns meist nur 5 bis 6 Minuten, damit es keine blauen Flecke gibt.
Nicht so schlimm, wie’s klingt: Blutiges Schröpfen
Das sogenannte „blutige Schröpfen“ wendet man hauptsächlich bei Menschen mit Bluthochdruck an. Dabei wird die Haut mit einem speziellen, bleistiftähnlichen Gerät ein wenig aufgeritzt: Auf Knopfdruck schießt ein nadelbesetztes Metallplättchen in sehr geringer Tiefe in die Haut. Durch den Schröpfkopf werden winzige Tröpfchen Kapillarblut angesaugt. Hygienegesetze schreiben vor, dass der benutzte Schröpfkopf anschließend weggeworfen oder fachgerecht sterilisiert wird. Generell gilt: Schröpfen ist tabu bei Neigung zu Blutergüssen, in der Schwangerschaft, bei hohem Fieber oder bei Einnahme blutgerinnungshemmender Medikamente.
Das sagt die Wissenschaft
Das sagt die Wissenschaft: Methode nicht belegt
Wie bei vielen alternativen Verfahren fehlen auch für das Schröpfen wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweise. Eine Studie der Uni Duisburg-Essen stellte jedoch eine deutliche Besserung des Karpaltunnel- Syndroms nach blutigem Schröpfen fest. Nach sieben Tagen Beobachtungszeit gingen die Beschwerden der Schröpfgruppe um 60 Prozent zurück, die der Kontrollgruppe, die mit einem warmen Ingwersack behandelt wurde, lediglich um 23 Prozent. Das Schröpfen ist Sache erfahrener Therapeuten. Eine Relax-Schröpfmassage für den Partner geht aber auch zu Hause: Rücken einölen und mit einem Schröpfglas (Apotheke) sanft an beiden Seiten der Wirbelsäule entlangziehen.