
Botox als Medizin
Wir kennen Botox bisher hauptsächlich als Mittel zur Bekämpfung der Zornesfalte, die sich im Lauf der Jahre zwischen den Brauen eingräbt. Wenn ein Könner am Werk war, sieht man nach der Behandlung einfach nur frischer, glatter und gut erholt aus. Wird Botox von ungeübten und wenig sensiblen Ärzten nach dem Motto „Viel hilft viel“ verabreicht, wirkt die obere Gesichtshälfte mangels Mimik maskenhaft – es entsteht ein irritierender Ausdruck ständiger Überraschung. Wirklich überraschend dürfte für viele allerdings sein, dass Botulinumtoxin („Botox“ ist nur einer von mehreren Markennamen) nicht nur Falten glättet, sondern auch als ernstzunehmendes Arzneimittel immer größere Bedeutung erlangt. In jüngster Zeit wurden viele neue Anwendungsmöglichkeiten entdeckt. Bei Muskelkrämpfen, krankhaftem Schwitzen oder Zähneknirschen wird es bereits mit Erfolg eingesetzt.
Erste Anwendung in der Geschichte des Botox

Von der Medizin zur Ästhetik – und wieder zurück

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Das Anwendungsspektrum von Botox erweitert sich ständig. Das Arzneimittel Botulinumtoxin wird in den nächsten Jahren sehr wahrscheinlich großen medizinischen Nutzen bringen. Bereits seit einigen Jahren injizieren es Ärzte auch bei übermäßigem Schwitzen, der sogenannten Hyperhidrose. Dafür wird zunächst getestet, wo sich die überaktiven Schweißdrüsen befinden. Dann wird der Bereich mit Betäubungscreme behandelt, denn man braucht viele, viele kleine Einstiche, um die Aktivität der Schweißdrüsen zu hemmen – zirka einen pro Quadratzentimeter Haut. Dies ist eine ziemlich sichere Methode. Anders als beim Faltenglätten werden hierbei keine Muskeln gelähmt, sondern die Übertragung von Nervenreizen auf die Schweißdrüsen blockiert. Dafür hält der Effekt aber auch länger an: bis zu einem dreiviertel Jahr. Ob die Krankenkasse die Behandlung bezahlt, hängt unter anderem von der Schwere der Erkrankung sowie von der betroffenen Körperregion ab und ist immer eine Einzelfall-Entscheidung.
Botox hat auch weitere Einsatzgebiete
Botox ist derzeit für die Behandlung der folgenden Beschwerden offiziell zugelassen: Hyperhidrose, Mimikfalten, Bewegungsstörungen wie beispielsweise Schiefhals, Schielen, Augenlidkrämpfe sowie lokale Spastiken, die nach Schlaganfällen auftreten. Dr. Prager wendet es zudem auch gegen Zähneknirschen an. Das Botox wird dabei in den Kaumuskel gespritzt. „Das ist zwar offiziell nicht zugelassen, also ein sogenannter "Off-Label-Use" – aber man kann damit hervorragende Ergebnisse erzielen“, so Prager. Wenn der Patient vorher darüber informiert wird, dass es sich um einen „Off-Label-Use“ oder einen „individuellen Heilungsversuch“ handelt und dass es Studien gibt, die die Wirksamkeit belegen, ist diese Anwendung legal.
Eine Spritze - und die Migräne verschwindet

Kostspielige Behandlung
Wer morgens weiterhin gern in den Spiegel schaut und Botox trotzdem anwenden möchte, muss tief in die Tasche greifen: Eine Behandlung kostet um 500 Euro und muss alle drei Monate wiederholt werden. Trotzdem kann sie durchaus empfehlenswert sein. Denn anders als Medikamente, die über Leber und Niere verstoffwechselt werden, wird Botox durch Enzyme abgebaut und hat keine negativen Auswirkungen auf Organe. Migräne-Patienten sollten mit ihrem Arzt sprechen. Die Zulassung von Botox zur Kopfschmerz-Bekämpfung ist lediglich eine Frage der Zeit, weitere Indikationen werden folgen. Die Zeiten, als man bei „Botoxbehandlung“ reflexartig an das Wegspritzen von Falten dachte, dürften also bald vorbei sein.
