
Sie erledigen den Haushalt, weil Ihr Partner angeblich nicht weiß, wie das geht? Dabei kann es sich um strategische Inkompetenz handeln.
In den sozialen Medien bekommt der Begriff weaponized incompetence aktuell besonders viel Aufmerksamkeit – kein Wunder, denn viele erkennen diese Form der Manipulation in ihrem Alltag wieder. Auf Deutsch bezeichnet man das psychologische Verhalten als strategische Inkompetenz. Doch was genau steckt dahinter?
Was ist strategische Inkompetenz?
"Ich kann das nicht – mach du mal lieber" ist ein typischer Satz bei der Anwendung strategischer Inkompetenz. Strategische Inkompetenz bezeichnet eine Taktik, bei der jemand absichtlich vorgibt, in einer bestimmten Situation unfähig oder unerfahren zu sein, um Arbeit oder Konsequenzen zu entgehen. Es handelt sich um ein bewusstes Verhalten, das darauf abzielt, die Kontrolle zu behalten oder Vorteile für sich selbst zu erlangen. Dabei wird die Unfähigkeit als strategisches Werkzeug eingesetzt, um Macht und Einfluss auszuüben.
Strategische Inkompetenz erkennen: Dieses Verhalten ist typisch
Der Partner wünscht sich, dass Sie den Urlaub planen, weil Sie es einfach besser drauf haben? Ihr Kollege fragt Sie nach Hilfe, weil Sie in dem Prozess so viel mehr Erfahrung haben? Ob sich dahinter strategische Inkompetenz verbirgt, um der Arbeit zu entgehen – oder es sich um sinnvolle Effizient und gar ein Kompliment handelt, ist nicht immer so einfach zu erkennen.
Strategische Inkompetenz zielt leider genau darauf ab, subtil und geschickt ausgeführt zu sein, um eben nicht erkannt zu werden. Vor allem Schmeicheleien lenken davon ab, dass Ihnen in diesem Moment Arbeit zugeschoben wird und Sie manipuliert werden.
Ein deutlicher Hinweis auf manipulatives Verhalten ist, wenn eine Person wiederholt in Situationen, in denen sich die Person eigentlich selbst zurecht finden sollte, auffällig unfähig erscheint. Fragen Sie sich auch nach der Konsequenz: Profitiert derjenige durch das Verhalten, indem er Verantwortung abschiebt, Konflikte vermeidet oder unliebsame Arbeit delegiert?
Wiederholte Situationen mit unterschwelligen Komplimente wie "Du kannst das besser" oder "Sie erledigen das so schnell" sollten ebenfalls Ihre Alarmglocken schrillen lassen. Ein auffälliges Merkmal ist auch die Einseitigkeit: Bietet Ihr Gegenüber dafür an, etwas anderes für Sie zu erledigen, dass er besonders gut kann, scheint es ehrlich gemeint zu sein. Bleibt die Arbeitsteilung jedoch sehr einseitig, handelt es sich vermutlich um strategische Inkompetenz.
Strategische Inkompetenz in Beziehungen
In Beziehungen äußert sich strategische Inkompetenz oft durch das gezielte Vermeiden von Verantwortung oder alltäglichen Aufgaben. Eine typische Situation ist beispielsweise, wenn ein Partner ständig behauptet, nicht zu wissen, wie man bestimmte Haushaltsaufgaben erledigt oder sich um gemeinsame Verpflichtungen kümmert. Frauen leiden besonders häufig unter diesem Verhaltensmuster Ihrer Partner.
Bevor es zu stundenlangen Diskussionen kommt oder falsch erledigten Aufgaben, die mühsam erneut gemacht werden müssen, gibt der "kompetentere" Partner nach – und der Manipulator bekommt seinen Willen. Dieses Verhalten kann in Beziehungen auf Dauer zu Frustration und nicht unerheblichen Spannungen führen, da ein Partner die Hauptlast tragen muss und sich früher oder später ausgenutzt fühlt.
Strategische Inkompetenz im Job
Auch im Arbeitsumfeld ist strategische Inkompetenz eine häufig zu beobachtende Taktik, um sich vor ungeliebten Aufgaben und Verantwortung gedrückt wird. Die Manipulationstaktik äußert sich hier vor allem durch das absichtliche Versagen bei der Erfüllung von Aufgaben, das Ignorieren von Anweisungen oder das Vorbringen von Ausreden, um Verantwortung abzuwälzen. Dies kann auf Dauer zu einer ineffizienten Arbeitsumgebung führen und das Teamklima negativ beeinflussen.
Kollegen und Mitarbeiter, die diese Technik anwenden, können oft daran erkannt werden, dass sie häufig in kritischen Situationen plötzlich unfähig erscheinen, obwohl sie zuvor Kompetenz gezeigt haben.
Wie schützt man sich vor strategischer Inkompetenz?
Wenn man mit strategischer Inkompetenz in einer Beziehung konfrontiert ist, ist es wichtig, die Kommunikation offen zu halten. Bleiben Sie ruhig und sachlich. Formulieren Sie die Probleme und Erwartungen klar aus. Experten und Psychologen empfehlen, deutliche Grenzen zu setzen und sich nicht dazu verleiten zu lassen, die Arbeit oder Verantwortung des manipulativen Partners zu übernehmen. Teilen Sie Aufgabenbereiche ganz klar ein. Einigen Sie sich auf das einmalige Erklären der Aufgabe – eventuell mit schriftlichem Festhalten – damit sich Ihr Partner in Zukunft nicht mehr rausreden kann. Bleiben Sie geduldig und sitzen Sie es aus. Springen Sie keinesfalls helfend ein – das motiviert Ihren Partner nur erneut, die Aufgabe schlecht oder gar nicht zu erledigen. Überlassen Sie ihm den Konsequenzen seines eigenen Handelns.
Im beruflichen Umfeld ist es ratsam, Beweise zu sammeln und das Verhalten des manipulativen Kollegen oder Vorgesetzten mit Vorsicht anzugehen. Es kann hilfreich sein, mit anderen Teammitgliedern oder Vorgesetzten über die Situation zu sprechen und Unterstützung zu suchen. Wichtig ist es, ruhig zu bleiben und sich nicht von den Manipulationstaktiken einschüchtern zu lassen.
Achten Sie in jedem Fall darauf, klare Grenzen zu ziehen und nicht in die gewünschte Opferrolle zu rutschen – und die Arbeit zu übernehmen. Merkt Ihr manipulatives Gegenüber, dass er mit dieser Taktik bei Ihnen Erfolg hat, wird er es immer wieder versuchen. Lassen Sie ihn im schlimmsten Fall einmal auflaufen, um ihn die Konsequenzen spüren zu lassen. Andernfalls wird sich Ihr Gegenüber nimmer wieder auf Sie als die letzte Rettung verlassen.