
In den letzten Jahren habe ich ständig zu- und vor allem wieder abgenommen, was sich natürlich auch auf meine Brüste ausgewirkt hat. Kurzum: Noch ein Körperteil, das ich lieber verstecke – noch ein Körperteil, das ich vermeide im Spiegel anzusehen. Und nein, ich hätte wirklich nie gedacht, dass sich an der Beziehung zwischen mir und meinen Brüsten noch einmal etwas ändern könnte. Bis die Einladung zu einem ganz besonderen Workshop auf meinem Schreibtisch gelandet ist …
Jetzt wird gemalt – und zwar für mehr Selbstliebe
Der Workshop mit dem Namen "Self Love Sketches" hatte direkt mein Interesse geweckt – allerdings wusste ich da auch noch nicht, was genau hier skizziert werden soll. Wenn die Künstlerin Sabela García Cuesta eine kleine Gruppe Frauen zu sich in das Sincronia Studio im Hamburger Schanzviertel einlädt, wird nämlich nicht nur über das eigene Körperbild und Selbstakzeptanz philosophiert – es wird auch gemalt. Genauer gesagt: Es werden Brüste gemalt.
Sabela García Cuesta im Interview: "Keine perfekten Brüste zu haben, hat uns verunsichert"
Und nein, es werden nicht irgendwelche Brüste skizziert, es sind die eigenen Brüste, die im Workshop von Sabela García Cuesta auf die Leinwand gebracht werden. Was das mit Selbstliebe zu tun hat? In einem Interview hat mir Sabela mehr über diesen ganz besonderen Workshop verraten.
Warum fühlen sich Frauen in Bezug auf ihre Brüste oft unsicher?
Vielleicht weil Brüste ein Teil unseres Körpers sind, den wir als Frau nicht verstecken können. In den letzten Jahren haben sie durch die Medien leider zu viel Aufmerksamkeit als sexuelles Objekt bekommen. Keine perfekten Brüste zu haben, hat uns in Bezug auf unseren eigenen Körper verunsichert.
Wie hilfst du Frauen mit deiner Kunst dabei, sich selbstbewusster zu fühlen?
Ich gebe dem Thema Sichtbarkeit. Jede Frau, die eine meiner Art Shows besucht oder davon hört, muss sich schon sich zwangsläufig ein paar Gedanken zum Thema machen. Wenn ich die Brüste meiner Kundinnen porträtiere, frage ich sie immer, in welcher Beziehung sie zu ihrem Körper stehen und gebe ihnen die Möglichkeit, sich zu öffnen, gesehen und gehört zu werden. Am Ende haben Sie Gelegenheit, eine Erinnerung als Kunstwerk mit nach Hause zu nehmen, die ihre Entschlossenheit sich selbst zu lieben repräsentiert.
Für welche Frauen sind deine Workshops besonders geeignet, wer kommt zu dir?
Jede Frau, die neugierig und offen für etwas Neues ist, sollte zu mir kommen. Bei unsere Sessions geht es nicht ausschließlich darum, einzigartige Kunstwerke zu kreieren. Es geht viel mehr darum, sich den anderen Frauen in einem Safe Space zu öffnen, sich auch mal von seiner verletzlichen Seite zu zeigen.
Wie reagieren Frauen, wenn sie die Bilder sehen, die du von ihren Brüsten gemalt hast?
Die meisten Frauen lieben es. Nicht nur das Kunstwerk, sondern auch den ganzen Prozess an sich. Es gab aber auch schon ein paar Frauen, die sich nicht gemocht haben und sich mit anderen verglichen haben.
Kann ich auch zu Hause künstlerisch aktiv werden, um mich in Selbstliebe zu üben?
Das Zusammenkommen mit den anderen Frauen ist sehr wichtig, weil wir uns nur so gegenseitig unterstützen können. Aber natürlich kann man auch alleine kreativ werden. Zum Beispiel, in dem man mit dem Handy ein Foto von seinen Brüsten macht und dann einfach anfängt zu malen. Warum auch nicht? Vielleicht ist das tatsächlich der erste Schritt, dich zu akzeptieren.
Mein größter Selbstliebe-Erfolg seit langem
Hatte ich anfangs noch so viele Zweifel: Sabela hat sie mir genommen. Ehe ich mich versehen habe, war ich also selbst ein Teil dieser ganz besonderen Gruppe, in der wir uns verletzlich gezeigt und einander ermutigt haben. Für einen kurzen Moment habe ich alles um mich herum vergessen. Ich habe nicht nur die Brüste der anderen Frauen skizziert, ich habe mich auch selbst ins Spotlight gesetzt, um mich von den anderen Frauen malen zu lassen. Und was soll ich sagen: So richtig schön finde ich meine Brüste zwar immer noch nicht, aber wenn ich heute in den Spiegel schaue, dann immer mit einem guten Gefühl. Ja, richtig gelesen. Ich schaue in den Spiegel! Für mich der wohl größte Erfolg seit langem. Und der wohl beste Beweis, dass mir kein Workshop der Welt dabei helfen kann, mich selbst zu lieben. Indem ich mich mit meiner eigenen Wahrnehmung auseinandersetze, kann ich aber lernen, mich selbst zu akzeptieren. Und das habe ich an diesem Abend getan. Ja, das habe ich wirklich …