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Wie wir lernen, wertschätzend mit unseren Ängsten umzugehen – Mandy Capristo im Interview
Bestimmen Selbstzweifel unser Leben, haben auch Ängste leichtes Spiel. Mandy Capristo weiß, wovon ich rede – und hat mir im Interview verraten, warum es sich lohnt, selbst mit negativen Emotionen wertschätzend umzugehen.

Angst hat viele Facetten. Wir kennen sie als Prüfungsangst oder Höhenangst, haben Angst vor Spinnen oder dem berühmten Monster unter dem Bett. Ich zum Beispiel, habe Angst vor Fahrstühlen. Vor allem die gläsernen, die frei in der Luft zu schweben scheinen, sorgen bei mir direkt für schwitzige Hände. Wann immer es möglich ist, nehme ich also die Treppe – und gehe der Angst damit kurzerhand aus dem Weg.
Wenn Ängste sich nicht greifen lassen
Doch es gibt auch Ängste, die sich eben nicht umgehen, nicht greifen oder einfangen lassen, wie eine Spinne im Glas. Ängste, die wir nicht ergründen können und die nur schwer für uns zugänglich sind. Ängste, die an einem Ort in uns selbst entstehen – hervorgerufen von Selbstzweifeln. Denn fürchten wir uns vor Zurückweisung, davor, nicht gut genug zu sein, kann auch dies unseren Alltag maßgeblich beeinträchtigen und sowohl unsere psychische, als auch unsere physische Gesundheit negativ beeinflussen.
Mandy Capristo im Interview: "Meine Angst hat mir mein Leben genommen"
Eine, die sich genau diesen Ängsten gestellt hat, ist Sängerin und Songwriterin Mandy Capristo. Sie wurde mit nur 16 Jahren durch ihre Teilnahme bei Popstars bekannt. Was folgte war eine erfolgreiche Musikkarriere, die jedoch auch ihre Kehrseite hatte. Mandy musste in der Öffentlichkeit erwachsen werden, mit allen Höhen und Tiefen. Im Jahr 2018 litt sie zum ersten Mal unter einer Panikattacke, das Streben nach Perfektion und das "Immer-funktionieren-müssen" machten sie krank. In einem Interview hat Mandy mir verraten, wie sich Ängste im Alltag überwinden lassen – und wie man lernt, selbst mit negativen Emotionen wertschätzend umzugehen.
Ständig haben wir das Gefühl, uns beweisen zu müssen. Warum ist es so wichtig, im Streben nach Perfektion auch mal innezuhalten?
Ich habe einmal einen wertvollen Satz gelesen „Versuche nicht nach Perfektion zu streben, es ist ein unerreichbares Ziel“. Und ich denke genau das fühlen wir täglich. Wir können noch so viel an uns optimieren, es gibt immer diese 10 % die uns nicht wertvoll genug fühlen lassen. Ich denke, dass es nicht um das Innehalten geht, sondern darum, ein gesundes, faires Gefühl zu uns selbst zu entwickeln.
Inwiefern glaubst du, hängen Selbstzweifel und Ängste zusammen?
Ich bin der Meinung, dass beides sehr stark zusammenhängt. Der Kern meiner Ängste waren Selbstzweifel, auf die ich mich mehr konzentriert habe, als auf all das, was wertvoll an mir und meinem Sein ist. Umso älter ich werde spüre ich jedoch, wie mein Selbstbewusstsein mein Bewusstsein ändern möchte – und mir endlich die Aufmerksamkeit abverlangt, die ich ihm oftmals nicht gegeben habe.
Du hast lange mit deinen Ängsten zu kämpfen gehabt. Hast du deine Ängste direkt als solche erkannt?
Ich habe sie nicht erkennen wollen. Ich war nie ein Mensch der vor etwas Angst hatte, dieses Wort hatte gar keinen Platz in meinem Universum. Mein Körper hat mir zu einem bestimmten Punkt einfach sehr gut zu verstehen gegeben, dass er mich braucht. Und ich ihn. Ich habe abgebaut, wurde immer dünner, ohne dass ich es wollte. Meine Angst hat mir mein Leben genommen – das lasse ich nicht mehr zu.

Was sind deine Tipps, um Ängste im Alltag zu überwinden?
Setze dich hin und finde heraus, warum du Angst vor diesem bestimmten Thema hast. Konfrontiere dich damit und bleibe bei dir, egal, was dir in deinem Leben passiert. Angst an sich ist immer etwas Positives. Hätten wir keine Angst, würden wir uns einfach so neben einen Löwen in der Wildnis setzen. Angst hat schon seinen Zweck: Beschützen!
In deinem Buch regst du außerdem dazu an, wertschätzend mit Emotionen umzugehen. Kann man negative Emotionen überhaupt wertschätzen?
Wir sind darauf trainiert, dass „Glücklich sein“ das Ziel ist. Und wenn wir uns nicht glücklich fühlen und uns vielleicht sogar einbilden, dass andere Menschen auch noch glücklicher sind als wir, löst das einen enormen Druck in uns aus. All das zieht uns komplett aus dem Moment. Alle Emotionen zu spüren, zu leben und diese als Inspiration zu sehen, lässt uns das Leben doch erst wirklich fühlen. Ich zum Beispiel mag den Sommer nicht, Regentage dafür aber umso mehr. Ich mag es, wenn alles ein wenig, ich nenne es jetzt mal „dunkelblau“ ist, anstatt „himmelblau“. Und ich mag, was die Melancholie mit mir macht. In diesem Gefühl empfinde ich sehr viel "Glücklich sein“.
Die positive Kraft der Angst
So habe ich das noch nie gesehen. Angst war für mich immer etwas Negatives, etwas, das mich angreifbar macht. Mir war zwar klar, dass ich an meinen Ängsten wachsen kann, nicht aber, dass sie auch eine Chance darauf sein können, mich besser kennenzulernen, meine Bedürfnisse mehr in den Fokus zu rücken. Eine Art Hilferuf, der mich darauf aufmerksam macht, mal wieder in mich hineinzuhorchen und gut zu mir zu sein. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr Sinn ergibt das für mich. Denn ähnlich wie die Monster unter meinem Bett, wollen auch meine Ängste mir nichts Böses. Sie wollen mich einfach nur beschützen. Vor mir selbst, aber vor allem vor meinen Zweifeln.
