Psychologie: 4 Anzeichen, dass Sie zu empathisch sind

Empathie ist eine wichtige und erstrebenswerte Eigenschaft im sozialen Miteinander. Doch wer besonders empfänglich dafür ist, kann auch Nachteile dadurch erleben. Lesen Sie hier, woran Sie merken, dass Sie zu viel Empathie empfinden.

Was ist Empathie eigentlich?

Empathie bezeichnet die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinversetzen zu können und sich vorstellen zu können, was sie in einer gewissen Situation empfinden. Dies ermöglicht Mitgefühl und Verständnis. Empathie ist daher wichtig für ein besseres soziales Miteinander. Der Begriff wurde von zwei Psychologen maßgeblich geprägt, dem deutschen Theodor Lipps und seinem britischen Kollegen Edward Bradford Titchener.

Es werden grundlegend zwei Arten von Empathie unterschieden, die unabhängig voneinander existieren:

Emotionale Empathie

Bei emotionaler Empathie fühlen wir mit. Ob eine Person etwas durchmacht, was wir auch erlebt haben und deshalb Gefühle hegen, oder ob wir mitweinen, weil wir einfach ihre Verzweiflung fühlen. Emotionale Empathie kann selbst völlig unbeteiligt in Filmen oder Büchern stattfinden: Wir fühlen mit der Rolle, ihr Schicksal rührt uns zu Tränen.

Kognitive Empathie

Bei kognitiver Empathie fühlen wir nicht mit, verstehen aber die Gefühle der anderen Person. Hat sich etwa unsere beste Freundin von ihrem Partner getrennt, den wir nie mochten, empfinden wir persönlich keine Trauer – können aber dennoch ihren Herzschmerz nachvollziehen. Wir sind dennoch in der Lage, uns in die Gefühlswelt der Person hineinzuversetzen, und die Emotionen rational nachzuvollziehen. Hierfür benötigt es Takt- und Fingerspitzengefühl.

4 Anzeichen dafür, dass Sie zu empathisch sind

Empathie ist leider nicht durchweg positiv. Genauso, wie uns zu wenig Mitgefühl im Weg stehen kann, kann zu viel Einfühlungsvermögen Schaden verursachen. Kommen Ihnen diese vier Punkte bekannt vor, sollten Sie an Ihrer emotionalen Distanz arbeiten.

1. Sie lassen sich ausnutzen

Die Fähigkeit, mit anderen mitzufühlen, ist eine gute Gabe. Allerdings müssen Sie auf sich aufpassen – denn wer sehr einfühlsam ist, ist auch leicht manipulierbar. Das können Personen, die weniger empathisch sind, ausnutzen. Achten Sie einmal darauf: Kommen Menschen gerne zu Ihnen, weil Sie ein verständnisvoller Zuhörer sind – oder werden gezielte Probleme besprochen, bei denen auf Ihre Hilfe gedrängt wird? Versuchen Sie sich hier zu distanzieren.

2. Sie leiden zu stark mit

Jedem geht es wohl nah, wenn es einer lieben Person aus unserem Umfeld schlecht geht. Wer jedoch feststellt, dass er kaum Probleme mit Freunden oder Familienmitgliedern oder gar Unbekannten besprechen kann, ohne selbst dabei zu verzweifeln, sollte dringend etwas tun. Das Phänomen wird auch empathetic distress genannt und bedeutet auf Deutsch empathische Verzweiflung. Vor allem, wer beruflich bedingt oft mit traurigen Schicksalsschlägen konfrontiert ist (etwa im Gesundheitsbereich) und dieses Phänomen bemerkt, sollte an einem gewissen Maß an Distanzierung arbeiten.

3. Sie treffen Entscheidungen auf emotionaler Grundlage

Bemerken Sie, dass Sie oft Entscheidungen aufgrund von Emotionen treffen, die Sie mit etwas Abstand hinterfragen oder gar bereuen? Personen, die stark empathisch sind, haben manchmal Probleme damit, eigene Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen und Entscheidungen auf rationaler Grundlage zu treffen. Sie lassen sich beispielsweise auf der Straße ständig um Geld anbetteln oder an der Haustür Abonnements aufschwatzen, weil Sie so ein großes Mitgefühl empfinden. Wer im sich Nachhinein über seine Entscheidung ärgert, muss dringend daran arbeiten, seine Emotionen in gewissen Belangen außen vor zu lassen und sich für Entscheidungen mehr Zeit zu nehmen.

4. Ihre eigenen Bedürfnisse stehen immer hinten an

Wenn wir so empathisch mit anderen mitfühlen, dass wir dabei unsere eigenen Gefühle außer Acht lassen, ist das kein gutes Zeichen. Die Situation anderer nachempfinden zu können ist eine tolle Fähigkeit, und auch selbst mal zurückzustecken, ist okay. Auf Dauer sollten Sie Ihre eigenen Bedürfnisse jedoch nicht hinten anstellen.

Zu viel Empathie: Das können Sie tun

Wer bemerkt, dass er zu viel Empathie empfindet und darunter leidet, hat bereits den ersten Schritt getan. Diese Erkenntnis und Selbstreflektion ist der erste Schritt zur Besserung. Unter diesen Umständen wird es Ihnen leichter fallen, sich bewusst zu schützen. Mit diesen Maßnahmen kann es gelingen:

1. Eigene Bedürfnisse im Blick haben

Vergessen Sie nicht, was Sie selbst brauchen, um glücklich zu sein. Das Leben ist ein Geben und Nehmen, egal in welcher Konstellation. Ob in Ihrer Beziehung, in einer Freundschaft, in der Familie oder bei der Arbeit: Schreiben Sie sich auf, was Sie sich wünschen und welche Punkte für Sie unverhandelbar sind. Haben Sie diese Bedürfnisse immer im Hinterkopf und setzen sich dafür ein.

2. Selbstliebe praktizieren

Es ist immer einfacher gesagt, als getan. Wichtig ist aber, dass Sie an Ihrem Selbstwertgefühl arbeiten. Denn Menschen mit zu viel Empathie haben häufig das Gefühl, nur geliebt zu werden, wenn sie besonders viel geben und sich für ihre Mitmenschen aufopfern. Scheuen Sie nicht vor Konflikten oder Ablehnung – jeder, der sich von Ihnen trennt, weil Sie für Ihre eigenen Bedürfnisse einstehen, nutzt Sie vermutlich sowieso nur aus.

3. Hinterfragen Sie Ihre Taten

Wenn Sie sich mal wieder sehr von der Situation einer anderen Person einvernehmen lassen, halten Sie einen Moment inne und hinterfragen Ihre Motive: Helfen Sie gerade, weil es wirklich Sinn macht und Sie sich aus verschiedenen guten Gründen dafür einsetzen wollen? Oder leiden Sie grundlos mit? Der letztere Fall hilft niemandem. Versuchen Sie, etwas Distanz zu der Situation zu gewinnen und gehen Sie notfalls für ein paar Tage auf Abstand zu der gewissen Person.