Facebook: Pro und Contra

Facebook: Pro und Contra

"Bist du bei Facebook?" Alle reden über das Social-Media-Netzwerk. Aber ist wirklich nur in, wer drin ist? Was Fans und Feinde sagen.

Bild der Facebook Website - Facebook: Pro und Contra © Getty Images
Facebook: Pro und Contra

Toll an Facebook ist, dass es alte Freunde zusammenführt, uns neue beschert und uns über Tausende von Kilometern in Verbindung bleiben lässt. Himmlisch ist, dass es viele Möglichkeiten bietet, sich zu unterhalten und unterhalten zu werden. Teuflisch ist, dass es Mobbern und Stalkern Tür und Tor öffnet. Dass es so viele Möglichkeiten bietet, Lebenszeit zu vertrödeln. Und dass es dazu verführt, viel mehr preiszugeben, als gut für uns ist. Sicher: Dauernd gibt es neue Facebook-Regeln, die unsere Privatsphäre sichern sollen. Trotzdem vergeht kaum ein Tag ohne Schlagzeilen über Facebook: „Wieder Dorf von Partymeute überrannt“, „Teenies von ,Loverboys‘ online verführt“, „Neue Datenpanne bei Facebook“.

Facebook-Städte:

Die Top Ten der Facebook-Städte in Deutschland

Arm, aber sexy? Fest steht: Berlin ist unsere Netzwerker-Hochburg. Doch auch in Süddeutschland und NRW liebt man Facebook. Alle Städte – und die Zahl der „FB“-Nutzer:

  1. BERLIN: 1 253 240
  2. MÜNCHEN: 886 500
  3. STUTTGART: 697 420
  4. HAMBURG: 680 500
  5. FRANKFURT/MAIN: 675 320
  6. KÖLN: 563 640
  7. DÜSSELDORF: 513 720
  8. HANNOVER: 338 940
  9. DORTMUND: 314 240
  10. NÜRNBERG: 312 380

Manche Meldungen schaffen es sogar in die „Tagesschau“. Denn Facebook ist ein Phänomen: Noch vor zwei Jahren hatte das Netzwerk in Deutschland drei Millionen Mitglieder. Heute ist Facebook mitten in der Gesellschaft angekommen: mit mehr als 20 Millionen Nutzern, Tendenz steigend. Eine Erfolgsgeschichte, die einmalig ist: Um bei 50 Millionen Menschen Gehör zu finden, brauchten das Radio 38 und das Fernsehen 13 Jahre. Facebook schaffte es in 24 Monaten. Fluch oder Segen? Wir haben uns umgehört – und eine Reihe bewegender, inspirierender und unglaublicher Geschichten gefunden.

Moderator Kai Pflaume: „Alle rücken jetzt näher zusammen“

Moderator Kai Pflaume (44, „Dalli, Dalli“, „Star Quiz“) war einer der ersten deutschen Promis bei Facebook. Heute hat er dort über 210 000 Fans. Hier erzählt er, wieso er auf sein Facebook-Profil nicht mehr verzichten will.

Moderator Kai Pflaume zum Thema Facebook Pro und Contra © Dominik Bindl/Getty Images
Kai Pflaume: Moderator Kai Pflaume

Facebook ist für mich eine super Sache, ich habe so die Chance, direkten Kontakt zu meinen Fans zu halten. Über die Pinnwand bekomme ich sofort ihr Feedback, oft schon während einer laufenden Sendung. Die Fans erhalten auch eine Antwort von mir. Dort schreibt niemand außer mir, da ist kein Büro, keine Agentur dazwischen. Mehr als 210000 Fans „folgen“ mir bei Facebook. Wenn ich dort zu Aktionen aufrufe, dann kommen da auch teilweise mehr als eine Million Klicks am Tag zusammen. Dabei kann es um ganz simple Themen gehen: So habe ich auf meiner Pinnwand ein Foto von Heidi, dem Opossum aus dem Leipziger Zoo, gepostet und die Fans gefragt, ob sie auch so schön schielen können. Auch privat nutze ich Facebook, um mit Freunden – einige von ihnen wohnen nicht in Deutschland – in Kontakt zu bleiben. Natürlich kann man auch per E-Mail oder Telefon kommunizieren, aber nicht so einfach und schnell.

Als ich zuerst bei Facebook reinschnupperte, ging es mir allerdings weniger um Freunde und Fans, sondern vor allem um meine Söhne Leon (heute 11) und Marvin (13). Für die zwei ist es völlig normal, bei Facebook zu sein. Da ist es wichtig, dass man den Kindern neben den positiven Aspekten auch die Tücken aufzeigt, die es bei Facebook gibt. Ich denke, es sollte auch in den Schulen Medienunterricht geben, in dem die Gefahren und technischen Möglichkeiten erklärt werden. Ein Freund schrieb mir neulich aus seinem Urlaub: „Wir haben hier in Büsum einen Dalli-Dalli Imbiss entdeckt!“ Sein Foto davon habe ich sofort auf meiner Seite gepostet. Und im gleichen Moment schrieb mir die Imbiss-Besitzerin: „Hallo Kai, gerade hat ein Typ hier ein Foto gemacht, der behauptete, dich zu kennen.“ Ist doch großartig, oder, wie wir durch Facebook alle näher zusammenrücken?

Schüler fälschen Lehrerprofil

„Schüler hatten mein Profil gefälscht“
THOMAS K. (34), LEHRER AUS NORDERSTEDT

Der Pädagoge kannte von Facebook bisher nichts als den Namen. Doch dann kamen auf einmal seltsame Bemerkungen von Kollegen und Eltern seiner Schüler, die er sich nicht erklären konnte – bis der Schuldirektor ihn zur Rede stellte: Das Facebook-Profil von Thomas K. enthalte sexistische Sprüche und anzügliche Bilder, die für einen Lehrer nicht tolerierbar seien. „Ich bin aus allen Wolken gefallen! Über einen Freund habe ich mich dann selbst bei Facebook eingeloggt – und unter meinem Namen und mit meinem Bild tatsächlich ein Profil im Internet gefunden. Voller sexueller Anspielungen, peinlicher Witze und fieser Spitzen gegen Kollegen, aber auch gespickt mit Rechtschreibfehlern.“ Schüler hatten die Internet-Intrige gegen ihn inszeniert. Obwohl Thomas K. die Seite sofort löschen ließ, dauerte es Monate, bis sein Ruf an der Schule wiederhergestellt war.

„Ich bin so froh, dass ich durch Facebook meine alte Freundin Susanne wiederhabe“
PETRA A. BAUER (47), KRIMIAUTORIN AUS BERLIN

„Susanne und ich kennen uns seit Ewigkeiten, sie war 1988 sogar bei meiner Hochzeit dabei. Aber irgendwie haben wir uns über die Jahre aus den Augen verloren – dabei wohnen wir beide im selben Stadtteil von Berlin, in Reinickendorf. Für mich war sie immer mehr gewesen als nur eine Bekannte, eine richtige Freundin eben. Doch nach einer gewissen Zeit der Funkstille ist es gar nicht so leicht, sich einfach mal wieder zu melden. Schon gar nicht bei jemandem, mit dem man zuvor über 25 Jahre bestens verbunden war. Ich habe mich deshalb besonders gefreut, als ich bei Facebook von Susanne eine Freundschaftsanfrage bekam. Dadurch sind wir wieder ins Gespräch gekommen, haben gechattet und telefoniert. Heute treffen wir uns auch wieder regelmäßig im realen Leben. Susanne ist Künstlerin, und wir arbeiten jetzt sogar hin und wieder zusammen an Projekten. Ich weiß nicht, ob der Kontakt ohne Facebook wieder zustande gekommen wäre.“

„Wir helfen unserer krebskranken Freundin über das Online-Netzwerk“
JULE AXMANN (40) UND CHRISTA GOEDE (42) AUS FRANKFURT MIT REBECCA HAMMER (35) AUS HADAMAR

Eben noch hatten sie die Hochzeit von Sanne (34) mit einem rauschenden Fest gefeiert – kurz danach erfuhren Jule, Christa, Rebecca und die anderen Freunde, was Sanne schon vor der Trauung wusste: Sie hat Brustkrebs. Ein Schock, aus dem schnell ein „Wir müssen etwas tun!“ wurde. Denn um nach einer hoffentlich erfolgreichen Behandlung noch realistische Chancen auf ein Kind zu haben, entschloss sich Sanne zu ei ner speziellen Chemotherapie, deren Kosten ihre Krankenversicherung nur teilweise tragen würde.

Um die fehlenden rund 15000 Euro aufzubringen, stellen die Freunde alles Mögliche auf die Beine: eine Spenden-Website (www.alle-fuer-sanne.de), Benefiz-Konzerte, Flohmarkt-Aktionen. Sie koordinieren alles über Facebook – hier sprechen sich inzwischen rund 60 Organisatoren und Helfer in einer eigenen Gruppe ab, machen Werbung für die Aktionen. „Ohne Facebook hätten wir nicht so viel Resonanz gehabt“, sagt Jule. Der Erfolg ist beachtlich: Vier Wochen nach dem Start der Charity-Aktion sind schon mehr als 4500 Euro zusammengekommen. Doch für Sanne ist das Geld nicht das Wichtigste: Zu sehen, was ihre Freunde alles für sie tun, gibt ihr die Kraft, gegen den Krebs zu kämpfen.

Interview mit einem Social-Media-Experten


„Lieber eine Nacht drüber schlafen“

Wie privat darf ich bei Facebook werden? Der Social-Media-Experte Tim Krischak erklärt, wie man Facebook-Beiträge ohne Reue verfasst

FÜR SIE: Was raten Sie Leuten, die sich neu bei Facebook anmelden?

Tim Krischak: Erst mal ein bisschen mitlesen und beobachten – daraus lernt man, wie sich Fehler vermeiden lassen. Grundsätzlich gehört nicht alles ins Internet! Wenn Sie Fotos hochladen oder Persönliches schreiben, sollten Sie immer überlegen, ob Sie das auch Ihrem Chef zeigen würden. Denn alles, was Sie bei Facebook äußern, kann diesen geschlossenen Kreis ganz leicht verlassen.

Es ist also genauso öffentlich wie zum Beispiel ein Einkaufszentrum?

Ja, natürlich. Was einmal online steht, kann sich unkontrolliert weiterverbreiten und lässt sich nur schwer wieder aus der Welt schaffen. Dazu kommt, dass Konflikte im Internet schnell aus dem Ruder laufen. Gerade heikle Themen sollte man besser persönlich oder am Telefon klären. Denn bei der Online- Kommunikation fehlen wichtige Infos wie Mimik, Gestik oder der Klang der Stimme. Das führt oft zu Missverständnissen. Deshalb gilt: lieber eine Nacht drüber schlafen – und nicht in der Hitze des Gefechts etwas Unüberlegtes schreiben.

Wo kann es noch Konflikte geben?

Oft sind ja mehrere Generationen bei Facebook. Ich rate Eltern immer, ihren Teenager-Kindern nicht sofort eine Freundschaftsanfrage zu stellen. Das führt nur zu Problemen! Jugendliche müssen auch unter sich sein dürfen. Eltern setzen sich doch auch nicht gleich mit ins Kinderzimmer, wenn Schulfreunde den Nachwuchs besuchen.

Was glauben Sie: Wie wird sich Facebook weiterentwickeln?

Das weiß niemand. Aufgrund der wachsenden Konkurrenz durch andere soziale Netzwerke verändert sich auch Facebook. Wahrscheinlich wird es Facebook mal wie Elvis gehen: Der Sänger ist zwar tot, aber der Rock’n’Roll lebt weiter!

„Über sein Facebook-Profil erfuhr ich, dass mein Freund eine andere geheiratet hatte“
NINA R. (30), SEKRETÄRIN AUS HAMBURG

„Acht Jahre lang war ich mit Jeremy zusammen. Es war nicht immer leicht, weil er als Musical-Tänzer oft im Ausland auf Tournee war. Oft konnten wir uns wochenlang nicht sehen. Im Juni 2010 ging er in die USA, wollte dort groß rauskommen. Alle zwei Monate besuchte er mich in Deutschland. Er sprach immer von einer gemeinsamen Zukunft in Amerika. Im Herbst 2010 feierten wir noch unseren Jahrestag mit einem Wochenende in einem Romantik-Hotel.

Doch dann, es war im vergange nen April, lag ich krank im Bett und surfte aus Langeweile durchs Internet. Aus Spaß gab ich Jeremys sehr seltenen Namen bei Facebook ein und fand nicht eine, sondern gleich drei Profilseiten. Sein mir bestens bekanntes Profil, ein zweites, von dem ich nichts wusste – und das einer Amerikanerin, die den gleichen Nachnamen trug wie mein Freund. Ich gab ihre Daten bei Google ein. Was ich fand, ließ meine Welt einstürzen: Jeremy hatte in den USA eine andere geheiratet! Ich fand eine Hochzeitsliste bei Macy’s, stieß auf Hochzeitsfotos bei Flickr. Das Schlimmste: Er hatte bereits sechs Wochen nach seiner Ankunft in den USA geheiratet.

Nur drei Wochen danach war er bei mir in Hamburg gewesen, als wäre nichts passiert. Bei unserem Romantikwochenende war er längst der Mann einer anderen! Ich konfrontierte ihn per E-Mail mit meiner Entdeckung. Alles, was zurückkam, war ,Ich wünsche dir für dein Leben alles Gute‘. Ohne Facebook wäre ich noch immer ahnungslos, würde an eine Zukunft mit ihm glauben. Wie mir geht’s wohl vielen: In den USA soll Facebook bei 20 Prozent der Scheidungen eine Rolle spielen.“

Zum Mitreden

  • HARVARDSTUDENT Mark Zuckerberg gründete Facebook 2004 mit drei Freunden. Heute ist der US-Amerikaner (27) mehrfacher Milliardär. Die ganze Geschichte gibt’s auf DVD: „The Social Network“.
  • MITGLIEDER IN DEUTSCHLAND: 20 Millionen. Weltweit: 687,1 Millionen. In Deutschland ist jeder zweite Internetnutzer bei Facebook angemeldet.
  • SCHNELLER ZUWACHS: Zuletzt verdoppelte sich die Nutzerzahl in Deutschland pro Jahr.
  • UNTERNEHMEN MIT DEN MEISTEN FANS: Coca-Cola mit 29,5 Millionen.*
  • TOP-FACEBOOK-NATIONEN: USA (150 Millionen), Indonesien (39 Millionen), Großbritannien (30 Millio - nen).
  • TOP-FACEBOOKPROMIS: Popsängerin Lady Gaga hat 41 Millionen, Rapper Eminem 44 Millionen Fans.
  • BELIEBTESTER DEUTSCHER: Fußballer Mesut Özil (2,7 Millionen Fans).
  • IM DURCHSCHNITT HAT JEDER NUTZER 130 FREUNDE.
Facebook-Erfinder Mark Zuckerberg - Facebook: Pro und Contra © JIM WATSON/AFP/Getty Images
Mark Zuckerberg: Facebook-Macher, Mark Zuckerberg
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