Jan Josef Liefers: Der Star aus "Alter weißer Mann" im exklusiven Interview

Als Münsteraner "Tatort"-Kommissar ist er ebenso beliebt wie als Musiker. Jetzt kämpft Jan Josef Liefers im Kino als "Alter weißer Mann" gegen Klischees an.

Jan Josef Liefers ist ohne Frage einer bekanntesten Schauspieler, die Deutschland zu bieten hat – und einer der beliebtesten "Tatort"-Stars noch dazu.

Jan Josef Liefers im Interview: "Ich fühle mich niemandem überlegen"

Unsere Print-Kollegin Sörre Wieck hat Jan Josef Liefers zum Online-Interview in einem "zweifelhaften Etablissement" angetroffen, wie er sagt. Und prompt Entwarnung gibt – er sei lediglich in einem Berliner Hotel, um seine neue Komödie "Alter weißer Mann" (Kinostart am 31. Oktober) vorzustellen. Im Film von Simon Verhoeven spielt er Heinz, der in seiner woken Firma um seinen Job bangt – und beweisen will, dass er keinesfalls einer von den sturen Veränderungsunwilligen ist. Das Interview ist in Ausgabe 23/2024 der FÜR SIE erschienen.

fuersie.de: Herr Liefers, Sie sind im Sommer 60 geworden, Glückwunsch! Sehen Sie sich selbst als "alten weißen Mann"?

Okay, ich bin 60, ich bin weiß und ein Mann. Für alle drei Dinge kann ich nichts. Wenn man jetzt aber fragt, ob ich das im Sinne dieser Schublade bin, da würde ich tief Luft holen und protestieren.

fuersie.de: Schießen Sie los!

Im Sinne des Etiketts sind das Leute, die starr im Kopf sind und glauben, von Natur aus überlegen zu sein – besonders Frauen gegenüber. Wenn du also öffentlich "alter weißer Mann" genannt wirst, hast du ein Problem, es ist ein Angriff, du musst dich verteidigen. Wenn ich eines gesichert sagen kann, dann, dass ich mich noch nie in meinem Leben jemandem überlegen gefühlt habe, schon gar keiner Frau. Mein Verständnis vom Miteinander ist – auch in meinem Beruf –, dass man am weitesten kommt, wenn man zusammenarbeitet.

fuersie.de: Beim Begriff geht's auch darum, dass "alte weiße Männer" Macht und Privilegien für selbstverständlich halten. Autorin Sophie Passmann schrieb mal, dass Männern quasi "ab Werkseinstellung" alle Türen offen stünden – anders als Frauen oder Menschen anderer Herkunft.

In unserem Film spielen Kollegen mit den verschiedensten Hautfarben mit, die alle in Deutschland geboren und hier aufgewachsen sind. Sie haben mir von ihren persönlichen Erfahrungen erzählt und mir zu denken gegeben. Wenn ich zum Beispiel eine Wohnung mieten will und vor mir ist eine PoC-Familie, sagen wir aus Ghana, bei der Besichtigung, stimmt es wohl leider, dass ich in den meisten Fällen die besseren Chancen habe.

fuersie.de: Anders als Frauen bei einer Frauenquote fragen sich Männer wohl kaum, ob sie in ihrer Position wegen der richtigen "Werkseinstellung" sind oder ob sie wirklich einen guten Job machen.

Männer, die in ihrem Job nicht gut sind, behalten ihn heute auch nicht mehr lange. Außer in der Politik oder als Beamte. Und wieder andere arbeiten bis zur Erschöpfung. Und für Regisseure im TV ist es inzwischen eher nachteilig, ein Mann zu sein. Aber à la longue ist sicher etwas dran. Ich finde, man muss sich immer neu verorten und reflektieren, egal ob Mann oder Frau. Wir brauchen einander, nicht nur zur Arterhaltung, sondern als Korrektiv in unserer Entwicklung. Dennoch werden Begriffe wie "alter weißer Mann" kaum einem Menschen gerecht. Wie alle Stereotypisierungen.

fuersie.de: Die "alten weißen Männer" sind ja letzten Endes auch unsere Väter und Großväter – welche Männerfigur hat Sie geprägt?

Ich habe kein Männerbild, ich bin nur mit Frauen groß geworden: mit meiner Mutter und meinen beiden Omas. Natürlich habe ich auch einen Opa und einen Vater, aber sie haben nahezu keinen Einfluss auf meine Entwicklung genommen. Was meinen Vater angeht, dachte ich immer: Wenn ich mal Kinder habe, möchte ich vieles besser machen.

fuersie.de: Sie haben vier Kinder, die Jüngste ist 16 – korrigieren die Sie manchmal?

Ja, und ich liebe diese Diskussionen! Ich freue mich, wenn sie mehr interessiert als TikTok und Konsum, wenn sie Meinungen entwickeln, kritisch sind und einen auch mal doof finden. Manchmal argumentiere ich absichtlich weiter dagegen, obwohl ich längst verstanden habe, worauf sie hinauswollen. Das ist ein gutes Training, seine Argumentation zu schärfen.

fuersie.de: Klingt sehr harmonisch.

Na ja, sie lernen gerade auch, dass es Themen wie den Konflikt zwischen Israel und Palästina gibt, bei denen ein Gespräch endet, ohne dass man einer Meinung ist. Dass es also verschiedene Ansichten gibt und an beiden etwas dran ist. Niemand hat nur recht, niemand liegt nur falsch – diese Widersprüchlichkeit ist schwer auszuhalten. Der Wunsch dieser Generation nach Harmonie, dass alle dasselbe denken und sagen, niemand mehr beleidigt und jeder comfy ist, den kann ich angesichts der komplizierten Welt nachvollziehen. Aber das ist unrealistisch. Es ist ein Learning zu ertragen, dass manchmal Konflikte ungelöst bleiben – und man trotzdem weitermachen kann.

fuersie.de: Im Film laden Sie Ihre Kollegen zum Essen ein, um zu zeigen, wie woke
Sie sind – und fliegen auf …

Auf eine Art ist um Heinz Hellmichs Abendbrottisch ganz Deutschland versammelt. Das Essen nimmt eine Eigendynamik an, und der Fake fliegt allen um die Ohren. Egal, welche Hautfarbe oder Hintergründe alle haben, sie entdecken sich aber schließlich als Menschen wieder, essen, trinken und diskutieren miteinander. Und man denkt sich, hey, so kann es doch gehen!

fuersie.de: Wir sollten mehr miteinander reden, statt uns – auch mit Begriffen – auszugrenzen?

Ja. Und bitte das Moralapostel-Getue wieder sein lassen. Meine Oma hat immer gesagt, wenn du mit dem Finger auf jemanden zeigst, zeigen sofort drei Finger zurück. Egal, welche Fahne wir schwenken – am Ende sind wir doch alle Menschen und froh, wenn uns jemand in den Arm nimmt und eine Tasse Kaffee hinstellt. Wir brauchen uns!

Jan Josef Liefers

Jan Josef Liefers bei der Premiere von "Alter Weisser Mann" in Berlin.

© Foto: Tristar Media/Getty Images

Aus welchen Filmen kennt man Jan Josef Liefers?

Derzeit ist Jan Josef Liefers mit dem Film "Alter weißer Mann" im Kino zu sehen. Seine berühmteste und wohl beliebteste Rolle ist und bleibt aber wohl die des Rechtsmediziners Prof. Dr. Dr. Karl-Friedrich Boerne im Münster-"Tatort", die er bereits seit 2002 spielt. Natürlich war Jan Josef Liefers aber auch schon mit vielen anderen Filmen und Serien erfolgreich – zu nennen wären da zum Beispiel "Vier gegen die Bank", "Nacht über Berlin", "Der Mann ohne Schatten" oder der ZDF-Fernsehspielfilm "Honecker und der Pastor", bei dem er selbst die Regie führte.

Hat Jan Josef Liefers Ehefrau und Kinder?

Auch wenn Jan Josef Liefers nur wenig über sein Privatleben preisgibt – wer seine Ehefrau ist, ist natürlich kein Geheimnis: Schon seit 2004 ist er mit Anna Loos verheiratet, die ebenfalls eine bekannte Schauspielerin ist. Mit ihr hat er zwei gemeinsame Töchter, Lilly und Lola, die mittlerweile auch vor der Kamera stehen und als Schauspielerinnen arbeiten. Aus seiner ersten Ehe mit der Schauspielerin Alexandra Tabakowa hat Jan Josef Liefers übrigens noch eine weitere Tochter, die Polina heißt und mit seiner Schauspielkollegin Ann-Kathrin Kramer, mit der er fünf Jahre lang liiert war, einen Sohn, der Leonard heißt.

Quellen: ok-magazin.de, intouch.wunderweib.de, gala.de