
Hohes Cholesterin wegessen?
Fast jeder zehnte Deutsche hat einen zu hohen LDL-Cholesterinspiegel – und dieses „schlechte“ Cholesterin erhöht maßgeblich das Risiko eines Herzinfarkts. Dass es dabei selbst schlanke und durchtrainierte, scheinbar gesunde Personen treffen kann, habe ich gerade wieder vor einigen Wochen erlebt, als eine Mittvierzigerin mit einem akuten Infarkt in unsere Klinik kam. Aus heiterem Himmel hatte sie beim Joggen starke Brustschmerzen bekommen. Zum Glück konnten Passanten einen Rettungswagen rufen. Auf dem Weg zu uns blieb sogar kurz ihr Herz stehen, und der Notarzt musste sie wiederbeleben. Auf den ersten Blick kam dieser Zusammenbruch völlig überraschend.
Als wir jedoch ihr Blut untersuchten, stellte sich heraus, dass sie sogar einen extrem hohen LDL-Cholesterinspiegel hatte. Das Zuviel hatte über die Jahre Ablagerungen in den Blutbahnen erzeugt, die das Herz versorgen. Davon hatte sie nie etwas gespürt! Wir bekamen ihren Cholesterinspiegel dann mit blutfettsenkenden Medikamenten wieder in den Griff. Hierfür haben wir heutzutage mit den Statinen sehr gut wirksame Mittel. Sie senken das LDL-Cholesterin und damit das Risiko für einen erneuten Infarkt deutlich.
Ernährung alleine reicht nicht
Selbst ernannte Gurus versuchen leider immer wieder, unsere Patienten mit Hinweisen auf Nebenwirkungen der Statine zu verunsichern. Natürlich kann jedes wirksame Medikament auch unerwünschte Nebenwirkungen haben. Aber allein durch „Möhrchenknabbern“, also gesunde Ernährung, lässt sich das Problem eben nicht immer in den Griff bekommen. Natürlich ist es sehr wichtig, sich gesund und ausgewogen zu ernähren – aber ein hoher Cholesterinspiegel ist nicht unbedingt auf zu viel Butter oder Eier zurückzuführen. Durch die Ernährung kann man die Blutfettwerte zwar durchaus beeinflussen – aber oft nur um etwa zehn bis 20 Prozent senken. Wenn wir also durch die Hauptwirkung der Statine vor Herzinfarkt gerettet werden können, dann sollten wir diese Medikamente nicht fahrlässig verteufeln. Und gerade weil wir heute gute Möglichkeiten zur Prävention haben, sollte jeder – statt nur einen Heilpraktiker zu konsultieren – spätestens ab dem 35. Geburtstag jährlich von einem Arzt seinen Cholesterinspiegel feststellen lassen – dieses Wissen kann lebensrettend sein.

Der akademische Direktor der Uni-Klinik Marburg wurde kürzlich als „Arzt des Jahres 2013“ ausgezeichnet. Zu seinen Fachbereichen gehören u. a. Kardiologie, Innere und Intensivmedizin. Sein Arbeitsmotto: „Medizin muss fachübergreifende Teamarbeit sein“.
